Stellung der Slawen in Oberfranken

  • Dass die Slawen bereits sehr früh im heutigen Oberfranken gesiedelt haben, ist, so glaube zumindest ich, nicht mehr umstritten.


    Heftig diskutiert wird jedoch die Stellung dieser Volksgruppe. So werden die Slawen in Oberfranken entweder lediglich als unterste Bevölkerungsschicht, als Unfreie, Bauern, .. angesehen, oder sie werden als Gründer von Dörfern, als Lehensnehmer ja sogar als Erbauer von Befestigungsanlagen erkannt.


    Soweit mir bekannt ist, hat jedoch keine der je in unserer Heimatregion ansässigen Herren- und Adelsfamilien einen slawischen Ursprung. Oder täusche ich mich da?

  • Hallo Dieter,
    ich kenne kein Adelsgeschlecht, dessen Wurzeln slawischen Ursprungs sind. Das die Slawen Ortsgründen vorgenommen haben halte ich für unumstritten. Deuten doch noch heute viele Ortsnamen daraufhin:



    Steben - slavina - Sauerbrunnen


    Mordlau, Mördlareuth und Mödlenreuth - slawischer Personenname "Modla"


    Ullitz - Straße


    Selbitz - Schildkrötenbach


    Die Bayern und die Franken haben wohl auch (zumindest bei uns) friedlich nebeneinander gelebt. Die zwei Ortschaften Windischengrün und Baiergrün geben einen Hinweis darauf. In der einen Ortschaft lebten die Bayern und in der anderen die Wenden. Auch haben die Slawen Waffen getragen, was sie bestimmt nicht getan hätten, wären sie "unfrei" gewesen. In Großprüfening hat man ein Gräberfeld gefunden, wo zwischen 700 Gräbern der Baiern auch kleine Kreisgräber gefunden wurden, die von Brandbestattungen der Slawen stammten. Das Alter der Brandbestattungen konnte, durch gefundene Gürtelschnallen, relativ genau auf die Zeit zwischen 560 und 570 datiert werden.
    Später dann, im Jahre 631 tauchte der fränkischer Händler" Samo aus der Wetterau" auf und trieb mit den Slawen Handel. Die Slawen machten diesen Samos dann auch zu ihren König. Als dann weitere fränkische Händler im Jahre 631 und 632 kamen, wurden diese ausgeraubt und ermordert. Jetzt war der Ärger vorprogrammiert:
    In einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Franken und Samos, wurden die Franken vernichtend geschlagen wurden.


    Gruß Eva

  • Hallo und Gruß an das Forum hier ( = mein Einstiegsbeitrag... :S )
    Zitat:
    "Slawen sind niemals Herren in unserem Heimatgau Oberfranken gewesen, sondern immer Unfreie".


    Quellen:
    -Dr.Lorenz, Abhandlung über die fälschliche Deutung von Ortsnamen (1950)
    -Heinr. Schuberth aus Hof, Abhandl. 1959 "Das Slawenproblem für das nördl. Oberfranken"


    beste Grüße
    G.H. :)

  • Die Tatsache, dass sich viele slawische Orts-, Flur- und Gewässernamen erhalten haben, zeugt doch eher von einem Miteinander, als von "Herren und Dienern". Auch einige Sprachüberbleibsel wie z.B. "Kren" für Meerettich spricht eher dafür. Auch wenn es für slawische Orts-, Flur- und Gewässernamen usw. noch Zweifler gibt: es sind halt viele Namen aus sprachwissenschaftlicher Sicht eindeutig dem slawischen zuzuordnen. Wer Orte gründet, mag vielleicht kein Landesherr gewesen sein, aber eben auch kein "Untermensch".
    Was zur "Slawenfrage" letztendlich fehlt, sind archäologische Beweise. Aber vielleicht kommen diese noch.
    Gruß aus Gefrees
    Markus

  • Die Slawenfrage ist seit dem Beginn der Heimatforschung gestellt und nie sicher beantwortet worden, weil es bisher aus unserer Gegend keine archäologischen Beweise gibt. Es ist noch nicht so lange her, dass man überhaupt slawische Keramik von nichtslawischer unterscheiden kann. Inzwischen kann man das, aber aus der Hofer Region gibt es noch keine slawischen Nachweise. Der einzige Hinweis sind Ortsnamen, Flurnamen, Gewässernamen, Bergnamen. Dabei muss man vorsichtig sein, denn Gewässer- und Bergnamen können auch vorslawisch, "alteuropäisch" sein, was im Einzelfall aber nie zu beweisen ist. Man hat diskutiert, dass die Walpoten, die im Auftrag der Schweinfurter Markgrafen in Oberfranken als Ortsgründer tätig waren, vielleicht slawischen Ursprungs waren. Dem Mittelalter war es egal, welcher Ethnie einer angehörte, wichtig war lediglich, ob er Anhänger eines Höherstehenden war oder nicht. Deswegen gibt es darüber keine Aufzeichnungen. Da das Interpretieren von Orts- und Flurnamen (meiner Meinung nach) wie Kaffeesatzlesen ist, kann man damit sowohl beweisen, dass alles slawisch war als auch, dass nichts slawisch war. Beide Ansichten gab es schon. Je nach politischer Großwetterlage war mal die eine und mal die andere Meinung en vogue. Wir haben bei allen Orts- und Flurnamen allenfalls frühneuzeitliche oder spätmittelalterliche Belege, aber keine aus der eigentlich interessierenden Besiedelungszeit, sodass wir nichts Genaues wissen können. Wir können ja auch aus einer heutigen Namengebung nicht auf eine Namensform vor Jahrhunderten schließen, also geht das auch für das Mittelalter nicht. Ohne archäologische Funde kommen wir hier letztlich nicht weiter.

  • Seit einigen Jahren beschäftige ich mich sehr zeitintensiv mit Namen,
    als da wären Ortsnamen, Flurnamen, Spottnamen, Hausnamen und alte
    Dialektausdrücke. Mein Fundus deckt mittlerweile den Freistaat Bayern m.
    E. aussagekräftig ab. Die meist mit dem Bayernviewer erfassten Orts- und
    Flurnamen, geben ein von der offiziellen bayerischen
    Geschichtsschreibung abweichendes Bild. Es sind hinter und vor dem Limes
    die gleichen Namen in Gebrauch. Der Limes war bis zu seiner Zerstörung
    wohl kein Grenzwall, sondern scheint mehr die Funktion einer Türschwelle
    gehabt zu haben. Der Name Limes kommt vermutlich nicht von Limes =
    Pfahl, Grenze, Grenzweg, sondern eher von Limen/Limenes = Türschwellen.
    Dies würde auch erklären, warum vor und hinter dem Limes die gleichen
    Flurnamen zu finden sind und warum er, sagen wir mal meist schnurgerade
    die Landschaft teilt. Die Römer kamen wohl mit ihrem Latein sogar weit
    über die bayrische Grenzen im Norden und Osten hinaus.




    Verknüpft man die "Burgen und Burgställe des Eichstätter Bistums" von
    Franz Buchner, mit "Die Siedlungsnamen des Bistums Eichstätt" und "Die
    deutsche Besiedelung der Diözese Eichstätt anhand der Ortsnamen", von
    Dr. M. Bacherler mit einander, so sind auch für einen Laien sehr
    deutliche römische Strukturen erkennbar. Als sehr nützlich, kann hier
    auch der BayernViewer, bzw. BayerViewer Denkmal als Recherche-Hilfe
    angesprochen werden. Im BayernViewer Denkmal werden die Burgställe und
    Burgen laut der Beschreibung "mittelalterlicher Burgstall" bzw.
    "mittelalterliche Burg", eindeutig der Zeit nach der Landnahme zugeordnet.




    Am Beginn der Burgställe und Burgen, scheinen aber die Römer zu stehen.
    Sowohl die Burg-Namen soweit bekannt, als auch die Flurnamen der Gegend,
    weisen deutlich auf römische Erzgewinnung und Weiterverarbeitung hin.
    Der Name -eck deutet auf einen römischen ecdicus = Beschirmer des
    Volkes, Syndicus der Gemeinde hin. Auch die Burgställe mit -hüll sprich
    "hü" haben nichts mit ahd. huliwa = Pfütze, Wasserloch zu tun, sondern
    deuten auf einen römischen Hyparchus hin. Die zahlreichen Weiherhaus,
    liegen allesamt an römischen Strassen und lassen sich mit Via + haustus
    = Wasserstelle fixieren. In der Stoffsammlung Kinding: pecunia =
    Geld/Vermögen; cunae = Nest; munitio = Befestigung; incolere = siedeln;
    tignum = Pfahl; Der Name Tauberfeld (sprich taubaföd) sagt aus, dass
    Foederati an dieser Stelle Erz verarbeitet haben, tabeo = schmelzen.
    Auch die Rasenerze haben römische Väter: lat. rasis = rauhes
    ungeschmeltzes Erz, sagt Jacobo Baier 1751 in seinem Wörterbuch und der
    Rennofen kommt nicht davon, dass aus ihm das Eisen rennt, sondern renovo
    = Renovierung, eine neue Form geben (Erz wird Eisen). Biburg kommt von
    (la)biburgus und bezeichnet meist eine keltische Viereck-Schanzen.
    Direkt neben den Gegenden mit Erzgewinnung, sind sehr viele Hügelgräber
    zu finden. Reich wurde man damals wohl nicht mit Ackerbau und Viehzucht,
    wohl aber mit Erz, Metall, Herstellung und Handel.




    In der Oberpfalz auch -vor dem Limes- liegen nachweislich sehr große
    Erzvorkommen, die die Römer niemals übersehen haben. Noch etwas lässt
    sich ableiten, die von den Germanisten eingebaute Völkerwanderung, hat
    offensichtlich im Gebiet des Bistums nicht stattgefunden. Hier sind die
    alten römischen Ortsnamen, Flurnamen, Strukturen und keltischen
    Göttinnen erhalten geblieben. Das geht seit den Römern, nahtlos in
    unsere Gegenwart über.




    Die speziellen Namen der sog. germanistischen Einwanderungszeit:


    -feld, sprich föd, kommt nicht von baumloser Ebene, sondern von
    foederati = in Konföderation mit den Römern angesiedelte Sippen, Stämme,
    u.a.m.


    -dorf, kommt von Quatuorviri = die Obrigkeit bei den alten Römern aus
    vier Männern bestehend


    -reut, -greut, u.a.m. kommt von crates sprich greid = handgeflochtener
    römischer Weidezaun, Hürde


    -heim, meisten sheim = sham kommt von scamna = römisches Ackermaß.


    -zell ist keine kirchliche Rodung, sondern das Einflugloch eines
    römischen Bienenstockes.


    -wang, kommt nicht von der sanften Bergwiese, sondern von den ansässigen
    Vangionen, einem kelt. Stamm.


    -hüll sprich hü, kommt nicht von Huliwa einer Pfütze, sondern vom Hyparchus


    -eck, kommt nicht vom Hauseck oder Rundeck sondern von ecdicus =
    Beschirmer des Volkes, Syndicus der Gemeinde


    -ing, kommt von Incolae = Einwohner, Bewohner


    -Biburg kommt nicht von einem gotischen utana bibaurgeinais, sondern von
    (la)bi burgus = verfallene Burg


    -hausen kommt nicht vom schönen Haus, sondern von haustus = Wasserstelle


    -Döbra kommt wohl von einer römischen Bergmanns-Spitzhacke Namens Dolabra
    -winn kommt nicht von slavischen Wenden, sondern von einem Akt der
    Freilassung, per vindictam, durch Rechtsakt
    und so weiter und so fort ....




    Wie mir scheint, treten am arisch-germanischen Geschichtsbild des 19.
    Jahrhunderts mittlerweile gewaltige Ungereimtheiten zu Tage, mehr davon
    sehr gerne.




    Mit freundlichen Grüssen aus Eichstätt


    Rupert Stadler


    römer ante portas oder


    www.boari.de

  • Zitat

    -Döbra kommt wohl von einer römischen Bergmanns-Spitzhacke Namens Dolabra


    Daraus soll ich aber nicht den Schluß ziehen, daß die Ortschaft Döbra bei Schwarzenbach im Wald und der danebenliegende Döbraberg (beides im tiefsten Frankenwald) jetzt altes römisches Bergbaugebiet sind? ?(


    Selbst wenn man der Argumentation folgen will, daß die sechs Legionen unter C. Sentius Saturninus im Jahre 6 n. Chr. bei ihrem Vormarsch aus Unterfranken nach Böhmen tatsächlich den Südrand des Frankenwaldes berührt haben sollten, werden sie sich kaum mit Bergbau im Zentralfrankenwald aufgehalten haben (Literatur dazu: Schlumberger, Jörg: Die Römer und das Bayreuther Land. In: Endres, R. (Hrsg.): Bayreuth - Aus einer 800jährigen Geschichte (= Bayreuther Historische Kolloquien. Bd. 9) Köln 1995, S. 19-35. – Klement, Ekkehard, Der Vorstoß des C. Sentius Saturnius, in: Geschichte am Obermain 10 (1975/76) S. 60-72.)


    Das ist nach meinem Kenntnisstand der einzige mögliche Berührungspunkt Oberfrankens mt den Römern.

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Hallo zusammenm


    Ich schließe mich dabei Jwurdacks Meinung an - auch beim Ursprung des Namens "Zell" ist sich die Forschung hinsichtlich der Gründung durch Mönche einig. Einen genaueren Artikel dazu findet man hier. Nur, weil zell das Einflugloch eines römischen Bienenstocks bezeichnet, kann man diesen Umstand nicht als Grundlage des Ortes nehmen. Ebenso lässt sich m.E. nach "reuth" besser auf "Rodung" zurückführen. Im Namen "Walpenreuth" zum Beispiel gibt eine "Rodung durch die Walpoten" ("Walpotengerute") mehr Sinn, als "Weidezaun der Walpoten". Nichtsdestotrotz ist die These des römischen Einflusses auf beiden Seiten des Limes nicht von der Hand zu weisen: Immerhin lassen Münz- und Schmuckfunde darauf schließen, dass reger Handel zwischen ihnen und den "Barbaren" getrieben worden ist.


    Liebe Grüße,


    Adrian Roßner

  • Um nochmal auf die Fakten zu sprechen zu kommen:
    Ähnllich wie bei der Diskussion einer slawischen Besiedlung Nordost-Oberfrankens verfügen wir zum römischen Einfluß eher über noch weniger Hinweise.
    Aus der römischen Kaiserzeit / Völkerwanderungszeit sind in Nordost-Oberfranken zumindest nach meinem Kenntnisstand kaum Funde oder andere Belege bekannt. Die wenigen Fragmente sind zudem oft sehr fragwürdig und unter nicht mehr nachvollziehbaren Umständen ans Licht gekommen.


    Ein im Frühjahr 1934 auf dem zwischen Haideck und Oberkotzau gelegenen Haidberg beim Ackern entdecktes, angeblich germanisches Brandgräberfeld konnte bei Suchgrabungen im Herbst 1938 nicht mehr gefunden werden. Die dort ausgepflügte „Urne mit Knochen“ ist ohne jede Auswertung verlorengegangen.
    (Dietel, Karl: Ein hallstattzeitlicher Friedhof bei Osseck am Wald, Gemeinde Regnitzlosau. In: Archiv f.d. Geschichte von Oberfranken Bd. 64 (1984), S. 77. - Hundt, Vor- u. Frühgeschichte des Obermainlandes, Kulmbach, o.J., S. 10, 15. – Dietlein, Chronik Band I, S. 59).


    An einigen Stellen wurden römische Münzen entdeckt, doch sind hier die Fundumstände oft so fragwürdig, daß daraus keine näheren Schlüsse auf die – auch nur zeitweise – Anwesenheit germanischer Händler oder gar römischer Bürger in unserer Region abgeleitet werden können. Vor allem ist unklar, wann diese Münzen tatsächlich „in die Erde“ gekommen sind.
    ( Springer, Tobias: Römische Münzen in Oberfranken, Zeugnisse der germanischen Besiedlung in der römischen Kaiserzeit. In: Zweckverband Fränkische-Schweiz-Museum (Hrsg.): Archäologie und Geschichte. (= Schriften d. Fränkische-Schweiz-Museums, Bd. 3) Bayreuth 1990. S. 37-51, v.a. S. 43 ff. – Filas, Grzegorz: Römische Spuren in Oberfranken. In: Archiv f.d. Geschichte v. Oberfranken Bd. 83 (2003), S. 7-52. Hier auch die Primärquellen.)


    Der im 19. Jahrhundert lebende Münchberger Heimatforscher Ludwig Zapf ewähnt an verschiedenen Stellen seiner Schriften ohne genaue Angaben die Auffindung römischer Goldmünzen um 1850 in Joditz, Schwarzenbach/Saale und in der Stadt Hof. Sie gelangten angeblich in den Besitz des inzwischen verstorbenen Prof. Reinecke in München.
    (Hofner, Hans: Die Münzenfunde in Stadt und Landkreis Hof. In: Kulturwarte 1959/60, S. 83-87.- R. - Alföldi, Maria / Kaenel, Hans-Marcus v. (Hrsg.): Die Fundmünzen der römischen Zeit in Deutschland, Bd. 1.4 Oberfranken, Berlin 1978. S. 246. –Peschek, Christian: Die germanischen Bodenfunde der römischen Kaiserzeit in Mainfranken. (= Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, 27), München 1978, S. 92.)


    In Hof und Gefrees sollen Münzen aus der Zeit vor 260 n. Chr. geborgen worden sein; bei Wunsiedel fanden sich Münzen aus der Zeit um 140 v. Chr. und um 30 v. Chr.
    (R.-Alföldi, Die Fundmünzen, S. 245 – 248, - Peschek, Die germanischen Bodenfunde, S. 92, 94, 239, 255, 302. – Bayerische Vorgeschichtsblätter 21 (1956) S. 212).


    Der dem Raum Hof – Kulmbach nächstgelegene, in der Römischen Kaiserzeit ständig besiedelte Platz befand sich nach derzeitigen Erkenntnissen in Kasendorf (südwestlich Kulmbach).
    (Abels, Björn-Uwe: Archäologischer Führer Oberfranken, Stuttgart 1986, S. 147. - Schwarz, Klaus: Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler Oberfrankens (=Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, 5) Kallmünz 1955, S. 111 ff. - Peschek, Die germanischen Bodenfunde, S. 256 f.)


    Und weil wir gerade so schön beim Ausspinnen abenteuerlicher Theorien sind:
    Selbst eine temporäre Anwesenheit der Hunnen wird im westlichen Oberfranken nicht ganz ausgeschlossen. Ferdinand Geldner schreibt dazu: „Bisher hat die Geschichtsschreibung kaum Notiz davon genommen, daß auch das Obermain-Regnitz-Land zur hunnischen Macht¬sphäre gehört haben könnte und daß hunnische Scharen, vielleicht sogar daß in der Völkerschlacht auf den Katalaunischen Feldern (bei Troyes, Sommer 45l) geschlagene Heer unter Führung des Hunnenkönigs selbst durch Ostfranken gezogen ist. Da sich aber in jüngster Zeit die Anschauung durchzusetzen scheint, daß die bekanntesten steinernen Zeugen, die die Völkerwanderungszeit im Obermainland hinterlassen hat, die „Bamberger (bzw. Gaustadter) Götzen“, Relikte eines attilazeitlichcn Fürstengrabes sind, muß auch das Problem „Hunnen am Obermain" ein emstzunehmendes Thema fränkischer Geschichtsforschung sein. (...) Wenn man annimmt, daß Attila im Herbst 451 den Rhein in der Gegend von Köln überschritt und in südöstlicher Richtung weiterzog, dann hat das hunnische Heer auf seinen Rückzug (heute) fränkisches Gebiet durchquert ...“
    (Geldner Ferdinand: Zur Frühgeschichte des Obermain-Regnitz-Landes: Die "Fernstraße" von Ravenna nach Thüringen zur Zeit Theoderichs des Großen, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte Bd. 39 (1976), S. 13-38 - Jakob, H., Die Bamberger Götzen. Relikte eines attilazeitlichen Fürstengrabs, in: Bericht des Historischen Vereins Bamberg, Bd. 103 (1967), S. 283-314)


    Andere Historiker allerdings datieren diese „Götzen“ in die Zeit der Ungarneinfälle im 10. Jahrhundert. (Abels, Archäologischer Führer, S. 101 f.) Wie dem auch sei, in Frankenwald und Fichtelgebirge werden sich die Hunnen kaum aufgehalten haben, schon allein wegen der Unmöglichkeit, in dem dicht bewaldeten Land genügend Futter für ihre zahllosen Pferde zu finden.

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Zu diversen Mutmaßungen über Ortsnamen in Oberfranken:


    In einer Heimatbeilage der "Bayerischen Rundschau" (zu "850 Jahre Sanspareil/Zwernitz/Die Walpoten") ist auf die mögliche Herkunft eines Titels "wal(t)poto" aus german. "(ver)walten" + slaw. "pod"(Macht) oder sogar aus slaw. "valdeti" (regieren, herrschen) + slaw. "pod" hingewiesen worden. Nachdem nun sogar fränkische Ortsnamen, die auf "-hüll" , "-eck" und "-dorf" enden, als römischen Ursprungs in die Diskussion eingebracht worden sind, läge es ja auch nahe, "pot-" mit römischer Macht zu erklären. Und das -o bei "Walpoto" wäre dann wohl der fränkische Namens-Wurmfortsatz wie etwa in "Bero", Genitiv Beronis" > "Berneck"? Ob das "Kulm-" in "Kulmbach" mit dem slaw. "chulm"(Bergkuppe) oder dem röm. "columen/culmen" (Berg, Höhe) oder dem german. (davon abgeleiteten) "kulm" (Berggipfel) zu verbinden sei, führt nicht weiter.


    Anstatt sich mit Spekulationen über diese Art römisch-germanisch-slawischer Mischbildungen aufzuhalten, sollte man doch dazu übergehen, die Kirche im Dorf zu lassen und das halbwegs Gesicherte zusammenzutragen, z.B. Orts-und Gewässernamen, die auf -gast (wie Trebgast, Schorgast) oder -itz (wie Zwernitz, Ölschnitz) enden und auch in den Vorsilben nichts Germanisches (oder Lateinisches) vermuten lassen. Anders stehen die Dinge vermutlich bei denominierenden, eindeutig "germanischen" Nachsilben wie -berg oder -dorf oder -bach (es sei denn, wie im Fall "Kulm-bach", wo der Streit über den sprachlichen Ursprung von "kulm" müßig ist...). Ein Beispiel: "Döbra-berg": Während "-berg" unstrittig ist, könnte "Döbra-" durchaus auf die slawische Wurzel "dobr-" (gut) hinweisen. Denn dieses Stammwort ist bis heute in allen slawischen Sprachen präsent - und wäre es mit Sicherheit auch in anzunehmenden "wendischen" Dialekten vor der fränkischen Ostkolonisation in Oberfranken gewesen.

  • Ohne Beweis ist mal darüber diskutiert worden, dass die Walpoten vielleicht slawischen Ursprungs gewesen sein mögen. Zumindest weiß man, dass sie eng mit Slawen zusammenarbeiteten. Einem mittelalterlichen Herrscher war die Ethnie seiner Untertanen egal, Hauptsache, sie taten das,was er wollte (Militärdienst, Abgaben zahlen usw.). Karl der Große herrschte über Menschen, die deutsch, französisch, italienisch usw. sprachen. Einen Gegensatz von Slawen und "Germanen" konstruierte erst das 19. Jahrhundert.

  • Noch ein Fundstück zur Diskussion über das Thema "Slawen in Oberfranken".
    Zitat aus den
    "Statistischen Angaben über das Königreich Bayern, nach den neuesten gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen sicheren Quellen zusammengestellt "
    Nürnberg, Verlag von J.L. Lotzbeck 1867.


    Seite 1:
    Einwohner. Nach Abstammung: 1 3/4 Mill. Bayern, 2 1/4 Mill. Franken (und Rheinpfälzer), 1/2 Mill. Schwaben; 60.000 Thüringer in Ostfranken; 4000 Wallonen in der Pfalz;
    slavisch-wendische Elemente im Fichtelgebirge, an der Regnitz und Aisch;
    romanische Elemente bei Berchtesgaden und Werdenfels.


    Demzufolge scheint man 1867 ziemlich sicher von einer slawischen Besiedlung in Oberfranken ausgegangen sein. Die Frage ist allerdings auf welchen Annahmen diese Behauptungen beruht, was mich auch für die romanischen Elemente am Alpenrand interessieren würde. Man hat ja wohl kaum noch Nachkommen der alten Römer hier nachweisen können.

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Hallo zusammen,


    zahlreiche Ortschaften behaupten von sich slawischen Ursprungs zu sein. Allen voran die Ortsnamen deren Endungen auf "itz" lauten.
    Die Vielzahl solcher Endungen lässt für mich, zumindest nur auf den ersten Blick den Schluss zu, unsere Gegend wäre einst größflächig slawisch besiedelt gewesen.


    Was m. E. dagegen spricht sind die raren slawischen archäologischen Funde! (Scherben, Schmuck und Gräberfunde)


    Liebe Grüße


    Eva

  • Hallo alle miteinander,


    Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein schreibt in seinem Buch zur fränkischen Ortsnamensforschung, dass unter anderem "Köditz" und "Ködnitz" von slawischen Personennamen herrühren, die durch das Zugehörigkeitssuffix "-ici" abgeleitet werden.


    Ich selbst bin, was diese frühe Besiedlung angeht etwas skeptisch, da man bis heute, wie Eva bereits angeführt hat, keine zahlenmäßig entsprechenden Funde gemacht hat. Wenn unsere Region einst beinahe rein slawisch besiedelt worden wäre, müssten wir deutlich mehr Überreste von diesem Stamm in unserem Boden finden.


    Literatur: Reitzenstein, Wolf-Armin Frhr. von: "Lexikon fränkischer Ortsnamen - Herkunft und Bedeutung", München: C.H. Beck, 2009


    Adrian



  • Habe mir die Internetseite gründlich angesehen. Sehr amüsant, oft abwegig, manchmal treffend. Frage: Wie kommen lateinische Wortelemente in den bayerischen Dialekt? Das müssen doch nicht immer römische Legionäre gewesen sein (-die das Vulgärlartein sprachen-), auch die frühmittelalterliche Amtssprache war Latein und es gab auch das Krchenlatein. Außerdem hat es im Norden Bayerns Aufsiedelungen aus dem Süden Bayerns (Altbayern) gegeben. Also existiert dadurch auf keinen Fall ein Beweis dafür, dass im Fichtelgebirge bzw. nordbayern jemals die Römer zugegen waren!


    Martina

  • Hallo Jürgen,


    bei den Siedlungsnamen Kulmbach und Döbra( Klein-) ist die Ortsnamenforschung zu folgenden Erkenntnissen gekommen: Zunächst ist einmal festzustellen, dass es sich in beiden Fällen um ursprüngliche Gewässernamen handelt (auch wenn die Siedlungsnamen früher urkundlich belegt sind).


    Im Fall von Kulmbach ist vom Erstbeleg des Gewässers 1338 ... an den bach, der Kulmna genant ist auszugehen: Mit Ernst Schwarz ist hier von der slawischen Grundform *Ch?lm?na, einer Ableitung mit dem adjektivischen Suffix -?n- von slaw. *ch?lm? 'Hügel, Bergkuppe', auszugehen. Deren Bedeutung kann mit 'Hügelbach' angegeben werden. Das deutsche Lehnwort Kulm oder schweizerdeutsch Kulm, Chulme(n) (aus lat. culmen 'Bergkuppe') sind hier auszuschließen, da sich diese Wörter nicht mit dem oben genannten Suffix verbinden lassen. Die Herleitung von slaw.*Ch?lm?na wird dadurch untermauert, weil sich weitere Nebenflüsse des Weißen Mains von diesem Suffix ableiten (Knodenbach > *Klod?na, Zoppatenbach > *Sopot?na; Slav-dt. Sprachkontaktforschung 2, S. 120, 247). Das auslautende -a wurde offensichtlich von der deutschen Bevölkerung als verkürztes -aha 'Wasserlauf, Fluss' angesehen, wie die ersten Belege des Siedlungsnamen zeigen: 1028-1040 (Kop. d. 11.Jh) Kulma, 1174 Culminaha. Das heutige Grundwort -bach ist erst im Beleg 1488 Kulmbach erstmals nachzuweisen. Bei dem oben erwähnten Bach Kulmna handelt es sich um den heutigen Kohlenbach (der Name wurde offenbar "sekundär semantisch motiviert"), der im östlichen Stadtgebiet zu lokalisieren ist.


    Der Siedlungsname Döbra ist erstmals 1401 als Döbrey bezeugt und die Belege zum Gewässernamen Döbrabach lauten: 1559 Dobra pach, 1692 das Döbrabachlein. Ausgehend vom Beleg 1401 Döbrey gelangt man zu der slaw. Grundform [Maskulinum] *Dobry (zu ergänzen wäre hier *potok? 'Bach', doch ist dieses Wort im Slaw. ausgefallen). Zugrunde liegt hier, wie oben schon vermutet, das slaw. Adj. *dobr? 'gut' (slaw. *d?br? '(Wald)tal, Schlucht' kommt aus lautlichen Gründen weniger in Betracht). Das auslautende -y bewirkte hier den deutschen Umlaut o > ö. Der Gewässername wurde dann auf den Ort und später auf den Berg übertragen: Weil der Döbraberg früher Culm hieß (siehe Wikipedia, der Erstbeleg müsste 1017 (F.M.12.Jh.) per medium Chulm sein, wobei laut Herrmann: Frankenwald,S.45 auch der Dörenberg und Bärenrangen in Betracht kommen) ist hier m. E. eine Herleitung von den oben vermuteten lat./röm. "Dolabra=Bergmanns-Spitzhacke" (auch für die Benennung des Baches) auszuschließen.


    Leider bleibt die Frage offen, ob die Benennung der Orte durch slawische oder erst später durch deutsche Siedler erfolgte. Aus der mir vorliegenden Belegreihe sind solche Vermutungen nicht zu machen.


    Grüße aus Marktschorgast, Ingo


    Lit.: Ernst Schwarz: Sprache und Siedlung in Nordostbayern (Nürnberg 1960)
    Wolf-Armin Frhr. v. Reitzenstein: Lexikon fränkischer Ortsnamen (München 2009)
    Eichler/Greule/Janka/Schuh: Beiträge zur slavisch-deutschen Sprachkontaktforschung, Band 2 (Heidelberg 2006)
    Erklärung: Die aus dem kyrillischen Alphabet stammenden Zeichen ? und
    ? stehen für sehr kurz gesprochenes i bzw. u.


  • Die Vielzahl solcher Endungen lässt für mich, zumindest nur auf den ersten Blick den Schluss zu, unsere Gegend wäre einst größflächig slawisch besiedelt gewesen.


    Hallo Eva,


    zur Verbreitung der slaw. ON im Altlandkreis Rehau kommt Reinhard Höllerich zum folgenden Schluss:


    "Nach der geographischen Verbreitung und der Häufigkeit des slaw. Namengutes weist der Regnitzgrund die größte Dichte an Slavica auf. Überhaupt ist in dem zum Regnitzland gehörenden Teil des USG [Untersuchungsgebietes] das slaw. Element deutlich stärker vertreten als im Egerländer Anteil..." (HONB Rehau-Selb, S. 23) Ich habe hierzu mal die Karte aus dem Buch hochgeladen.


    Zitat

    "Einen Gegensatz von Slawen und "Germanen" konstruierte erst das 19. Jahrhundert."

    Hierzu habe ich mehrere Abbildungen in der Heidelberger Handschrift des Sachsenspiegels gefunden (Anfang 14. Jh.). Auf diesen Bildern werden Franken, Sachsen und Slawen mit verschiedener Tracht dargestellt (siehe PDF).


    Gruß Ingo

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.

    • :)
    • :(
    • ;)
    • :P
    • ^^
    • :D
    • ;(
    • X(
    • :*
    • :|
    • 8o
    • =O
    • <X
    • ||
    • :/
    • :S
    • X/
    • 8)
    • ?(
    • :huh:
    • :rolleyes:
    • :love:
    • :pinch:
    • 8|
    • :cursing:
    • :wacko:
    • :thumbdown:
    • :thumbup:
    • :sleeping:
    • :whistling:
    • :evil:
    • :saint:
    • <3
    • :!:
    • :?:
    Maximale Anzahl an Dateianhängen: 10
    Maximale Dateigröße: 3 MB
    Erlaubte Dateiendungen: bmp, gif, jpeg, jpg, pdf, png, txt, zip