Slavische Gewässernamen an der Saale

  • Was spricht eigentlich dafür, dass es sich bei diesen Namen um solche slawischen Ursprungs handelt? Aus der bloßen Ähnlichkeit zu einem slawischen Wort auf den slawischen Ursprung zu schließen, scheint mir etwas dürftig zu sein. Analog hat Heinrich Schuberth einst argumentiert, dass es gar keine slawischen Orte in der Region gegeben habe, denn er fand deutsche Worte, die ähnlich klangen wie die Ortsnamen. Auch diese Argumentation ist meiner Meinung nach absolut unzureichend. Welche Kriterien geben uns den sicheren Boden, um hier zu entscheiden?

  • Mit Orts-, Flur- und Gewässernamen beschäftigten und beschäftigen sich unzählige Sprachwissenschaftler. Die Uni Regensburg scheint da führend (sind übrigens auch sehr hilfsbereit). Mittlerweilen sind halt auch unsere Namen näher und ausführlich untersucht. Es gibt praktisch zu jeden Namen Abhandlungen warum ein Laut zu einem anderen wird oder eben nicht, warum ein Buchstabe oder eine Endung hinten abfällt oder eben nicht, welche lautlichen Gründe für das Eine sprechen oder für das Andere...
    Ich kann das nicht erklären aber eben die Sprachforscher. So gibt es halt Namen, die eindeutig einer Volksgruppe zuzuschreiben sind oder einer anderen. Genauso gibt es auch Namen die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Dir pure Ähnlichkeit eines Namens spielt aber keine Rolle für eine Zuordnung, hier sind nur alte Schreibweisen und urkundliche Erwähnungen ausschlaggebend.
    Aber natürlich sollte man auch immer etwas skeptisch sein und vergleichen, gerade bei alten Abhandlungen zu diesem Thema. Übrigens sind da Werke aus der Nachkriegszeit manchmal problematisch, da sie (bzw. die Autoren) aus einer Zeit stammen, in der "nicht sein kann was nicht sein darf".
    Gruß aus Gefrees
    Markus

  • Hier mal eine interessante PDF über slavische Gewässer- und Ortsnamen.


    Gruß aus Gefrees


    Markus


    Die Namen von Fließgewässern sind eigentlich immer sehr interessant.
    Man hat oft den Eindruck, dass die Sprachwissenschaftler nur wenig oder überhaupt keine Ahnung von den natürlichen Gegebenheiten des jeweiligen Baches haben. Dazu ein konkretes Beispiel aus der PDF:
    "Schildkrötenbach" in Nordostoberfranken? Die Europäische Sumpfschildkröte war meines Wissens bei uns nie heimisch.


    Es wird von manchen Forschern auch die Meinung vertreten, dass Flüsse/Bäche niemals nach überall häufigen Tier- und Pflanzennamen benannt wurden, sondern einzig nach Wassereigenschaften. Das mag auf uralte Gewässernamen am ehesten zutreffen. Bei jüngeren Namen werden dann auch andere Aspekte ausschlagebend gewesen sein.


    Man muss z. B. beachten, dass es bei kleineren Bächen im Laufe der Jahrhunderte oft wechselnde Namen gab. Auch sollte man m.E. immer auch die geografische Lage eines Gewässers berücksichtigen, ob es z. B. eine Grenze bildet und der Name damit evtl. etwas zu tun hat. Ich nenne hier z. B. den Namen Steinselb, dessen Name m.E. höchstwahscheinlich auf Grenzsteine im Bach bei der Steinmühle zurückgeht, wie dies aus einer Grenzbeschreibung aus dem 17. Jh. herauszulesen ist. Mit Stein war früher auch eine Befestigung/Burg gemeint, die sich in jüngeren Bachnamen niedergeschlagen haben könnte, so bei Namen wie Steinach. Das muss natürlich im einzelnen immer überprüft werden. Ich könnte da noch einige weitere Beispiele nennen, über die man diskutieren könnte. Auch die Hasel ist kein typischer Strauch der feuchten Gewässeraue. Deshalb sollte man sich auch mal über übertragene Bedeutungen des Wortes Hasel Gedanken machen (vgl. Haselung, ein mit Haselruten abgegrenzter Thingplatz. Gerichtsplätze lagen häufig an Grenzen, der Richter brach beim Schuldspruch einen Stab aus Haselholz über dem Delinquenten).


    Es gibt außerdem noch die Gleichheit von Gewässer- und Ortsnamen. Besonders die Endungen auf -gast fallen bei uns auf. Dieser Terminus meint sowohl slawisch wie keltisch Dorf, Rodung, also deutsch soviel wie Gau und wäre mit unseren Ortsnamen mit der Endung -bach (vgl. lat. pagus = Feld) vergleichbar. Gast meint slawisch auch Reisender/Kaufmann. Dieser Begriff hat aber mit den Bächen rein gar nichts zu tun.



    Martina

  • Hallo Martina,


    bei dem Gewässernamen Selbitz könnte man evtl. noch von germanisch *Salwj? (zum Adj. *salwa 'dunkelfarbig') ausgehen. Dann müsste aber zur Zeit der slawischen Einwanderung die slaw. Endsilbe -ica an den älteren Namen angefügt wurden sein. Dieses Suffix wurde meistens als -itz eingedeutsch. (Quelle: Annett Haberlah-Pohl: Münchberg (HAB), S. 10). Möglich ist auch eine rein slawische Ausgangsform *Zel'ovica (zu *zel'e ' Pflanze, Kraut'), die ebenfalls als Selwitz ins Deutsche gelangen konnte.


    Im Fall von Löstenbach macht die Herleitung von slaw. *l?ska 'Haselgesträuch' jedoch insofern Sinn, weil es diese Benennung auch bei deutschen Gewässernamen gibt:


    - Haßlach (rechts zur Rodach), daran zwei Orte gleichen Namens (Lkr. Kronach): 1294 Haselach.
    - Haßlach (Nebenfluss der Pegnitz), dazu der Ort Haßlach (1139 Haselaha); beide Namen gehören zu althochdeutsch hasal 'Haselstrauch'
    - daneben gibt es auch jüngere Bildungen wie Haselbach (Lkr. Kulmbach) und †Haselbach (Lkr. Hof), zu mittelhochdeutsch hasel. (Quelle: Ernst Schwarz: Sprache und Siedlung in Nordostbayern, S. 92 f.).


    Die Hasel spielt zwar eine wichtige Rolle im heimischen Volksglauben und im Brauchtum, eine Verbindung zu einem (germanischen) Thing-Platz liegt hier m. E. aber nicht vor.


    Beste Grüße Ingo

  • Am sichersten ist die Herleitung des, im Landkreis Hof dreimal vorkommenden, Bachnamens Ölsnitz/Ölschnitz aus slawisch *Ol?š?nica 'Erlenbach'. Diese Bildung kommt in Nordostbayern sechsmal vor (siehe PDF).


    Auch der Name der Pulschnitz ist nach Ansicht des Münchner Universitätsprofessors Dr. Joseph Schütz nur aus dem Slawischen zu erklären (siehe den Artikel aus der Frankenpost).

  • Hallo zusammen,


    Ich möchte an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass es sich bei dem im Artikel erwähnten "schwarzen Hund" um den Mylax handelt. Eine Gestalt, von der sich tatsächlich manche Anekdote bis ins 20. Jahrhundert hinein erhalten hat und die man sogar in einer Pfarrbeschreibung Münchbergs findet, in der die entsprechende "Mär" als Beispiel für einen ausgeprägten Aberglauben angeführt wird. Als (im wahrsten Sinne des Wortes) des Pudels Kern dürfte unter anderem ein alter Wachhund aus der Obermühle gelten, der des nachts manchmal durch die Stadt streunerte und dabei eine Kette hinter sich herschleifte.


    Näheres dazu findet sich in meinem Artikel "Sagen und andere schaurige Geschichten von Münchberg" im Münchberger Jubiläumsbuch (erscheint im Juli 2014).


    Liebe Grüße,


    Adrian

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