Tourismus in Fichtelgebirge und Frankenwald

  • Für eine kurze Geschichte des Tourismus in Fichtelgebirge und Frankenwald bitte ich um Unterstützung. Insbesondere geht es mir um Meinungen und Informationen zu folgenden Fragen:


    Begünstigte der Bergbau die Kartierung des Fichtelgebirges?


    Sind die Venezianer/Walen in unserem Raum verbürgt?


    Gibt es schon vor Pachelbel schriftliche Berichte über die Region?


    Gab es schon vor Wackenroder und Tieck Besucher?


    Ab wann wurde das 'Spazierengehen' in der Bevölkerung (nicht beim Adel) akzeptiert und kann Goethe damit in Verbindung gebracht werden?


    Gab es bei uns 'Sommerfrischler' und falls ja, ab wann und wo waren sie untergebracht?


    Inwieweit war der Wintersport für Gäste interessant? Und wann wurde in Liftanlagen inverstiert?

  • Hallo Martina,


    hier ein kurzer Auszug aus besagter Historia.



    Exkurs


    Johann Wilhelm Kretschmann kopierte Gratius Kundels
    vollständiges Walenbüchlein von 1531


    Nicht ahnend, daß es ihm spätere Kritiker, wie z. B. 1817 der Professor Dr. August Goldfuß, als "außerordentliche Weitschweifigkeit" auslegen würden, stand der den Vorstellungen seiner Zeit verpflichtete Bergrat Johann Wilhelm Kretschmann nicht an, auf 254 Seiten seiner "Berg-Historia" die vollständige Abschrift eines "Wallen-Büchleins" von 1531 zu überliefern.


    Auf jene als "Walen, Venediger oder Venetianer" bezeichneten rätselhaften Fremden, die als Goldsucher durch die Lande zogen, hatte als erster der Chronist Matthias von Kemnath (+ 1478) hingewiesen, als er bei der Beschreibung des Fichtelgebirges anmerkte : "Item darauf findet man leut, die do in bettlers weys von Venedig gen." Auch die späteren Autoren Caspar Bruschius (1542), Johann Will (1692) und Johann Christoph Pachelbel (1716) versäumten nicht, auf da und dort vorhandene "Walen-Büchlein" aufmerksam zu machen, in denen sich Angaben fanden, wo man edle Metalle und Edelsteine findet. Um die Walen bildete sich ein weitreichender Sagenkreis, mit dessen Darstellung sich zahlreiche Forscher des 19. Jahrhunderts, zuletzt der Volkskundeprofessor Josef Hanika (in: Die Volkssage im Fichtelgebirge und seinem Umland, 1959) ausführlich beschäftigten.


    Bei der Betrachtung der bisher vorhandenen Literatur fällt auf, daß immer nur Bruchstücke aus den verstreuten Walenbüchlein zitiert wurden. Als legendäre Verfasser dieser Geheimschriften erscheinen Männer mit italienisch klingenden Namen : Giovanni Carnero, Gratius Grundelli, Sebastian Verso, X. Povalta, Stefanus u. a., daneben auch ein Deutscher namens Johann Schott. Eine vergleichende bzw. synoptische Interpretation der gedruckt und geschrieben vorliegenden Fragmente ist bisher nicht erfolgt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß sich im Staatsarchiv, Amberg ein den Walenbüchlein gleichzusetzendes "Zeigerbüchlein" von 1630 befindet.


    Aus dieser Sicht ist die von Kretschmann in Teil I, S. 61 bis 315, bewerkstelligte komplette Abschrift von "Gratius Kundels Wallen-Büchlein, in sich fassend Eine Beschreibung etlicher verborgener Berg- und Wasch-Wercke in Bohemia und Germania (von) 1531" als ein ganz besonderer Glücksfall zu bezeichnen.


    Dieser Gratius Kundel bezeichnete sich selbst als einen "Wahl von Venedig", der 18 Jahre in deutschen Landen verbrachte.


    Gruß Rudolf

  • Einen ersten Überblick dazu findet man im Kapitel "Der Tourismus" der "Kleinen Geschichte der Hofer Region", S. 233 - 238 (Kluge, Arnd (Hrsg.): Kleine Geschichte der Hofer Region, 60. Bericht des Nordoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde, Hof 2010).


    Ein paar Sätze stehen auch in dem Aufsatz von Rainer Trübsbach: Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In: Roth, Elisabeth (Hrsg.): Oberfranken im 19. und 20. Jahrhundert, Bamberg 1990, S. 648 f. Als weitere Literatur zu dieser Thematik ist dort z.B. erwähnt:
    - Weber, A.: Geographie des Fremdenverkehrs im Fichtelgebirge und im Frankenwald. In: Mitteilungen der Fränkischen Geographischen Gesellschaft 5, 1958, S. 35 - 106.
    - Zahn, F. C.: Die wirtschaftliche Bedeutung des nordbayerischen Reise- und Fremdenverkehrs, Nürnberg 1905.

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Hallo zusammen,


    1. Ich habe vor kurzem einen kleinen Artikel zu den Walen im Siebenstern veröffentlicht, den ich in einem weiteren Beitrag zum Download anhänge.


    2. Erste Reisebeschreibungen in das Fichtelgebirge kommen bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf, wobei es sich unter anderem um Publikationen wie den "Piniferus" handelt, die man sich größtenteils via Google kostenlos herunterladen kann. Sollte Bedarf daran bestehen, einfach melden!


    3. Tatsächlich existiert noch eine ältere Beschreibung des Fichtelgebirges, als die von Pachelbel. Es handelt sich dabei um "Die gründliche Beschreibung des Fichtel-Berges" aus der Feder des Caspar Bruschius (1683) Ich hatte das große Glück, ein Originalexemplar in der Hand halten und digitalisieren zu dürfen - auch hierbei gilt: Wer Interesse daran hat, möge sich melden! ;-)


    4. Letztendlich noch eine schöne Ansicht vom Waldstein, wo sich bereits in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts die "Lustwandler" niederließen, denen man 1853 das Hospiz Waldstein, noch heute als Waldsteinhaus im Kern erhalten, sowie einige Pavillons rund um die Westburg baute. Ein schönes Zeugnis dafür sind einige Stiche von Könitzer, von denen ihr einen im Anhang findet.


    Liebe Grüße,


    Adrian

  • Dann gäbe es dann noch:
    Hubertus Habel: "Das Teutsche Paradeiß" - Landschaftsentdeckung und Tourismus im Fichtelgebirge. Begleitheft zur Sonderausstellung vom 27. Mai bis zum 27. August 1995 im Fichtelgebirgsmuseum Wunsiedel.

  • Noch ein Literaturhinweis – die Touristen- , Fremdenverkehrs- und Wandervereine Hofs sind beschrieben in:


    Schuh, Helmut: Hofer Vereine Band 2 (= 64. Bericht d. Nordoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts- u. Landeskunde) Hof 2012, S. 5 – 44.

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Sommerfirschler und Badegäste gab es in Bad Steben schon relativ früh.


    1803 Die preussische Regierung verpflichtet sich für die Zeit bis 1809 den reussischen Hofmedikus Dr. Wolder in Ebersdorf für wöchentlich 3 Tage in den Monaten Juli und August als Brunnenarzt für Steben. Nr. 554 A 554 WGS 38. Dr. Wolder klagte 1805 in einem Immediatbericht an die preußische Regierung über kurpfuschende Badewirte, welche die Bäder bald heiß, bald kalt verabreichen, sowie über mangelhafte Aufsicht über die Brunnen: "Wer die Verunreinigung des Wassers und des Bodens umher mit ansieht, dem vergeht gewiß der Appetit, das Wasser zu kosten". (PAS Akt. VI. 4.3. S.351, Abli.:MAS ACS Nr. 71).


    1712 - 1713 Pfarrer Johann Valentin Thümig berichtet 1712 dem Markgrafen, dass der "Sauerbrunnen es wohl wert sei, von Ärzten einer gründlichen Untersuchung unterworfen, eingefasst und mit einem Logierhaus zur Beherbergung der Kurgäste versehen zu werden". Nr.383 A 383 SBS 17. Dieser Bericht wurde vermutlich vom Markgrafen angefordert, weil Graf Reuß zu Lobenstein in Steben eine Kur gebrauchen wollte. Der Markgraf schickte aus diesem Anlaß auch seinen Geheimrat von Nauendorf, Herrn Schwand, zur Erkundung einer Wohnung und etwaiger Mängel nach Steben. Dieser fand das Sauerbrunnenhäuschen in unwürdigem Zustand, weil der Wind die Tür aus- und zuklappte, fand aber niemanden, der die Instandsetzung bezahlen wollte. In seiner Verlegenheit wandte er sich an den Pfarrer, der sich seinem Markgrafen verpflichtet glaubte, für rd. 17 Gulden das Nötigste auf Kosten des Gotteshauses ausführen zu lassen, dafür aber nur eine kräftige Rüge der ebenfalls markgräflichen Rechnungsprüfungsbehörde wegen mißbräuchlicher Verausgabung kirchlicher Mittel erntete (PAS JR 1713 und 1714). Die Kur des Grafen Reuß fand statt. Der Markgraf hatte ihm als Wohnung Schloß Thierbach zur Verfügung gestellt. Im übrigen fand die Nutzung der Quelle durch Kurgäste nicht die allgemeine Billigung der Bevölkerung, denn der Amtmann zu Lichtenberg hatte sich schon 1706 und 1707 genötigt ge- sehen, "wegen häufiger und böswilliger Beschädigung und Verunreinigung des Sauerbrunnens" Strafen anzudrohen (PAS JR 1713 u. 1714). 1713 zahlte das Gotteshaus einen Beitrag von 10 Gulden zur Unter- haltung der Heilquelle an die Dorfgemeinschaft, die einen entsprechenden Antrag mit der Begründung gestellt hatte, daß das Gotteshaus von den Kurgästen, die den Gottesdienst besuchten, auch profitiert. Vermutlich handelte es sich dabei nicht nur um eine einmalige Zahlung (PAS Akt. VI. 4.2, S. 58).


    1722 Dr. Johann Leonhard Hechtel, Hochfürstlich Brandenburgischer Rat und Physic-Adjunkt zum (zu) Hof veröffentlicht bei Joh. Christoph Mintzel in Hof ein Kurhandbüchlein zum Gebrauch für Trink- und Badekuren mit Stebener Brunnen unter dem Titel "Acidulae Stebenses, in confinio nun pares atque sulphure solis volatili et sale martis e propria minera martiali, ambae exaltatae, et cum lympha alibili atque spiritu volatili vitrioli nutritae mire salientes." Nr. 393 A 393 HAS, Abli.: MAS ACS Nr. 103. In seiner Vorrede kam Dr. Hechtel auf Grund der vorliegenden Heilungserfolge zu dem Ergebnis, daß der Stebener Sauerbrunnen "mit keinem Gold zu bezahlen" sei. Außerdem wußte er zu berichten, daß Markgraf Georg Wilhelm im Hinblick auf die in Steben bestehenden Unterkunftsschwierigkeiten den Bau eines Badehauses beim Brunnen genehmigt und beschlossen habe, einen "Trakteur hineinzusetzen, damit den Bad- und Trinkgästen an ihrer schon lange gewünschten Bequemlichkeit und an wohltauglicher Speis nichts ab- gehen möge" (S. 5 u. 79). Das Kurhandbüchlein enthält unter anderem auch Anweisungen für den Kurgebrauch. Trinkkuren soll man danach mit der Einnahme von Abführmitteln beginnen und morgens gegen 6-7 Uhr innerhalb zweier Stunden am 1. Tag 3 Gläser Brunnen zu 1/2 Nösel oder Seidel (etwa 1/4 Liter) trinken, am 2. Tag 5 Gläser usw. jeden Tag 2-3 Gläser mehr bis auf 14-18 Gläser am Ende der 1. Woche, 2 Wochen bei diesem Tagessatz bleiben, um in der nächsten Woche täglich 2-3 Gläser weniger zu trinken, zuletzt - wie am Anfang der Kur - 3 Gläser. Wegen der Dauer der Bäder und der Verwendung von Zusätzen soll beim Vorliegen besonderer Umstände ein "verständiger Medicus" um Rat gefragt werden (S. 80 ff.). Die Genehmigung zum Bau eines Badehauses nach einem ebenfalls genehmigten Plan, der ein zweistöckiges Gebäude mit 6 Stuben und Kammern für Kurgäste vorsah, hat tatsächlich vorgelegen, ist aber nie zur Ausführung gekommen, falls man nicht einen nach über 60 Jahren unternommenen, aber völlig mißlungenen Versuch dafür ansehen will. Es fehlte immer an Geld für diesen Bau, weil stets Vorhaben zu finanzieren waren, die - von Bayreuth aus gesehen - dringender waren. Für die von Dr. Hechtel vorgesehenen Badekuren fehlten außer dem Wasser die wichtigsten Voraussetzungen, nämlich geeignete Badeeinrichtungen und Sachverstand, und die ergriffenen Notbehelfe führten zu vielen Mißständen. Es fanden sich zwar nach und nach immer mehr Vermieter, die das Heilwasser in Fässern und Bottichen in ihre Häuser holten und dort Bäder bereiteten, aber es fehlte jede Gewähr, daß das Wasser dabei seine Qualität behielt und die Bäder nach ärztlichen Gesichtspunkten bereitet und gebraucht wurden.

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.

    • :)
    • :(
    • ;)
    • :P
    • ^^
    • :D
    • ;(
    • X(
    • :*
    • :|
    • 8o
    • =O
    • <X
    • ||
    • :/
    • :S
    • X/
    • 8)
    • ?(
    • :huh:
    • :rolleyes:
    • :love:
    • :pinch:
    • 8|
    • :cursing:
    • :wacko:
    • :thumbdown:
    • :thumbup:
    • :sleeping:
    • :whistling:
    • :evil:
    • :saint:
    • <3
    • :!:
    • :?:
    Maximale Anzahl an Dateianhängen: 10
    Maximale Dateigröße: 3 MB
    Erlaubte Dateiendungen: bmp, gif, jpeg, jpg, pdf, png, txt, zip