Der Hofer Wartturm

  • Heute gefunden in der online-Ausgabe der FRANKENPOST:


    Ein Artikel zum Hofer Wartturm


    http://www.frankenpost.de/loka…hof-stadt/art2390,1952431


    Über den Inhalt bin ich allerdings nicht sehr begeistert, es bleibt doch alles sehr oberflächlich und es werden wieder die die alten Märchen aufgewärmt.


    Zwei Beispiele:


    1. Die Verfasserin schreibt:
    "Deshalb gab es den Wartturm mit seinem Wächter, der Nachricht geben sollte von Überfällen und von Bränden. Entstanden ist der Turm im Rahmen eines hocheffizienten spätmittelalterlichen Warn- und Alarmsystems. "


    Ob dieses System wirklich so hocheffizient war, bleibt dahingegestellt. Tatsache ist, daß die Warten nie ständig besetzt waren, sondern nur in Zeiten drohender Kriegsgefahr dort Wachpersonal anwesend war. Im Endergebnis waren diese Türme nur sehr selten wirklich aktiviert. Also fiel die Alarmierung bei Bränden schon mal weg.
    Auch die tatsächlichen Möglichkeiten der Alarmierung durch Rauch- und Feuersignale stellen sich bei realistischer Betrachtung der "Kommunikationsmöglichkeiten" doch als eher bescheiden heraus: Bei Nebel, dichtem Regen oder Schneefall gab es keinerlei Sichtverbindung zwischen den Warten. Außerdem konnte nur alarmiert werden, es gab aber keine Möglichkeit, Nachrichten zu übermitteln, z.B. über die Stärke eines heranziehenden Gegners oder aus welcher Richtung er sich näherte. Hier mußten die alarmierten Nachbarorte wieder an den Sammelpunkten warten, bis endlich ein reitender Bote (hoffentlich) nähere Informationen brachte.


    Ein letztes Mal wurden das Wartensystem im Spanischen Erbfolgekrieg 1704 aktiviert, als eine Bedrohung des Fürstentums durch bayerischer Truppen aus der Oberpfalz heraus bestand.


    Recht gut beschrieben ist das Wartensystem in folgenden Aufsätzen:
    - Hennig, Helmut: Warten auf dem Gebirg. Ein altes Alarmsystem in unserer Heimat. (= Heimatbeilage 256 zum Amtl. Schulanzeiger Oberfranken) Bayreuth 1998.
    - Dietel, Karl: Die Wartordnung von 1498. In: Heimatkalender für Fichtelgebirge und Frankenwald 1985, S. 103 - 107. Hof 1985.
    – Hofmann, Hanns: Der Wartturm. Ein mittelalterliches Bauwerk. In: Kulturwarte 1986, S. 262-267.


    2. Am Ende des Artikels wird doch tatsächlich die alte Geschichte des unterirdischern Ganges vom Wartturm zum Hofer Schloss wieder als Spekulation aufgewärmt. Dabei war diese in Hof umlaufende Mär doch schon 1945 widerlegt worden:
    Nach dem ersten Luftangriff vom 14. Februar 1945, der 36 Todesopfer forderte, sah sich die Stadtverwaltung veranlaßt, Behauptungen aus der Bevölkerung nachzugehen, die von allen möglichen unterirdischen Gängen und Stollen im Stadtbereich sprachen und deren Verwendung als Luftschutzräume forderten. Man befragte eine Art Kommission, bestehend aus den Hofer Stadthistorikern Dr. Dietlein, Dr. Ebert, Heinrich Schubert, dem Hauptlehrer Reichold und den beiden städtischen Bauräten, die zu folgendem Ergebnis kam:


    „Von keinem der Befragten konnte auch nur der geringste Hinweis zu dem Vorhandensein von solchen Gängen geäußert werden, die mit dem Wartturm oder der Lorenzkirche oder mit dem alten Hofer Schloß oder dem Schloß Hofeck oder mit der öwengrube (Klostertor-Lessingstraße) oder Labyrinth u. dgl. zusammenhängen. Es wurde übereinstimmend darauf verwiesen, daß insbesondere der Wartturm erst 1498 als reiner Signalturm erbaut worden war und daß eine unterirdische Verbindung desselben unter der Saale und dem Mühlgraben mit dem alten Stadtkern ohne weite- res eine Unmöglichkeit darstelle und in das Gebiet der Fabel zu verweisen sei. (...).
    Der angeblich vom Sägewerk Wurzbacher (Ossecker Str. 8 zur Brunnenstraße führende Gang ist in Wirklichkeit die anfangs des Jahrhunderts durchgeführte Fassung und Überdachung des Rinnlein-Baches, das die Abwässer der Bavaria-Brauerei zum Mühlgraben führt.
    Ein unterirdischer Gang zum Labyrinth ist schon deshalb ausgeschlossen, da die dortige künstliche Ruine erst im Jahre 1877 erbaut worden ist. Auch führt vom Rathaus kein derartiger Gang unter der Klosterstraße zur Glaserei Bauer. (...)"


    Nachzulesen im Stadtarchiv Hof, Akte A 1486, Stadt Hof – Oberbürgermeister – an den örtlichen Luftschutzleiter, ohne Datum (aber nach dem 5.3.1945)


    Ich habe vor Jahren für eine andere Arbeit einige Daten zum Wartensystem in der Markgrafschaft zusammengetragen, die ich im Anhang beifüge. Die Zusammenstellung ist sicher nicht vollständig, vielleicht kann der eine oder andere doch etwas damit anfangen.

    Dateien

    • Warten_LNV.pdf

      (48,06 kB, 309 Mal heruntergeladen, zuletzt: )

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Glücklicherweise ist der Artikel nicht gar so schlimm, wie es bei der "Frankenpost" sonst der Fall ist - im Gegenteil: die Verfasserin
    bemüht sich sehr um eine genaue Darstellung, obwohl auch sie leider so manchen kleineren Fehler macht.
    Bei fast allen meinen Stadtführungen kommt dieser Gang zum Wartturm zur Sprache und ich muss meine Gäste jedesmal enttäuschen,
    dass es sich dabei nur um eine Wunschvorstellung handelt.

  • Die Sanierung des Wartturms scheint abgeschlossen:
    http://www.frankenpost.de/loka…hrzeichen;art2390,3399579


    Warum der Wartturm "rätselhaft" ist, ist mir allerdings nicht einsichtig. Auch die dumme Geschichte mit den angeblichen Gängen in die Stadt wird wieder aufgewärmt (vorletzter Satz). Wann lernen es die diese Tintenkleckser von der Frankenpost endlich einmal, sauber zu recherchieren.

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Am Sonntag, den 20.7.2014, um 14.00 Uhr wird der renovierte Wartturm wieder eingeweiht. Ich werde im Auftrag der Stadt Hof einen kurzen Vortrag halten, der in etwa dem hier beigefügten Manuskript entsprechen wird.
    Arnd Kluge

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