Die ewig gleiche Frage...

  • Hallo zusammen,


    Ich möchte an dieser Stelle eine kleine Diskussion anstoßen zu einem Thema, mit dem wir uns vor allem in diesem Brett schon oft auseinandergesetzt haben. Hintergrund ist ein, wie ich finde, recht interessanter Artikel in der Zeitschrift "P.M. History" mit dem Titel "Die Ruinen der braunen Ungeister". Ich bin sicher, ihr wisst, worum es geht: Die Relikte der "braunen Diktatur" - des nationalsozialistischen Regimes. Gerade in den 50er Jahren wurden in den größeren Städten die Denkmäler des "Führers" gesprengt, abgerissen oder andersweitig beseitigt, doch fristen vor allem in unserer Region noch vielerorts Zeugnisse aus dieser dunklen Epoche ein schattiges Dasein. Einige Beispiele hierfür: In Münchberg steht von allen Seiten sichtbar der bekannte Aussichtsturm auf dem "Rohrbühl" - gebaut 1937 als Mahnmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges und bis zum Kriegsende Aufmarschplatz für die NS-Ortsgruppe. "Entnazifiziert" durch Entfernen des goldenen Reichsadlers und der Gedenktafeln aus Granit sowie durch Verschließen der "Ehrenkapelle", die nur im Zuge meiner Themenführungen geöffnet werden darf.
    Noch heute existieren vielerorts sogenannte "Hitler-Eichen", die nach 70 Jahren die Größe erreicht haben, die man von Anfang an für sie vorgesehen hatte.
    An der Autobahnbrücke bei Saalenstein findet sich noch jetzt, verborgen im Dickicht des Waldes, das 1934 eröffnete Arbeitslager mit Bunkern, Feldbahnstrecken und Krananlagen.


    Die Reihe kann beliebig fortgesetzt werden, doch stellt sich die Frage, wie man mit diesen Zeugnissen der Vergangenheit umgehen soll und kann. Mich würde dazu eure Meinung interessieren: Seid ihr für den Erhalt und gegebenenfalls eine Nutzung zum Beispiel als Gedenkstätte (siehe Nürnberg und den Obersalzberg), oder wäre es euch am liebsten, die Spuren dieses Kapitels der deutschen Geschichte würden ein für alle mal verschwinden? Ich werde diese Frage im Zuge eines Seminars am kommenden Wochenende stellen, doch bin ich schon im Voraus auf eure Beiträge gespannt!


    Liebe Grüße,


    Adrian

  • Lieber Adrian,


    der Umgang mit diesen Objekten ist einfach schwierig.
    Einerseits sollten sie bewahrt und dokumentiert werden, um nachfolgenden Generationen als Mahnung zu dienen.
    Andererseits werden sie von Alt- und Neonazis missbraucht, um ihr braunes Gedankengut in Szene zu setzen.
    Man sollte wohl von Fall zu Fall abwägen, ob es besser ist, es zu erhalten oder verschwinden zu lassen.
    Wenn sie aber erhalten werden, sollten sie nicht unkommentiert in der Gegend herumstehen.
    Eine Hinweistafel / Geschichtstafel sollte die Hintergründe deutlich machen.


    Gerade von der älteren Generation hört man oft Sätze wie: "Ich kann es nicht mehr hören! Immer wieder
    diese (Film-)Berichte über das Dritte Reich! Irgendwann muss doch mal Schluß sein!"


    Eine erst kürzlich veröffentlichte Umfrage ergab, dass jeder fünfte Jugendliche mit dem Begriff "Auschwitz" nichts
    anfangen kann. Dies zeigt sehr deutlich, wie notwendig Aufklärung ist!

  • Schwieriges und spannendes Thema, das Ihr da angestoßen habt. Wenn wir alles verschwinden lassen würden, was an Krieg, Gewaltherrschaft oder dergleichen erinnert, wäre Deutschland wahrscheinlich (wie andere Länder auch) kahl und leer. Bei Straßennamen lässt man auch nicht alle alten Militaristen verschwinden, weil man dann sehr viele Straßen umbenennen müsste. Man kann auch nicht an jedem Stein, an dem die Nazis (oder andere) Böses verübt haben, eine Gedenktafel anbringen. Das Gemeine an der NS-Herrschaft ist ja nicht, dass es Gewalt, Terror usw. gab, denn das gab es zu anderen Zeiten auch, sondern dass dies flächendeckend verübt wurde und sich - von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - kaum jemand dem entzog. In beinahe jeder Familie findet man dunkle Punkte in dieser Zeit, die meisten Familien hatten lediglich das Glück, zu unbedeutend zu sein, als dass sich ihre Gesinnung oder ihr Wirken geschichtsrelevant gezeigt hätten. Ich denke, dass für künftige Generationen - und nur um die kann es uns noch gehen, da fast alle Miterlebenden ja inzwischen tot oder auf der Pflegestation sind - Beispielhaftes und Typisches wichtig sind, aber nicht jede Einzelheit. Und es steht wohl auch kaum zu befürchten, dass sich die Neonazis an jeder Banalität aufhalten, sondern sie suchen sich bewusst dramatische oder prominente Orte. Wir können meiner Meinung nach gelassen mit den Hinterlassenschaften der NS-Zeit umgehen; für jeden Ort oder jede Gegend könnte man sich ein Konzept überlegen, welche Überreste man für Führungen oder den Geschichtsunterricht herausarbeitet; die anderen werden dann ignoriert. Das wäre eine spannende Angelegenheit, und ich möchte jeden, der so etwas für seinen Ort anfängt, ermutigen, hier durchzuhalten, auch wenn man nicht bei allen auf Wohlwollen stößt, weil die Menschen befürchten, dass auch in ihrer Familie irgendetwas entdeckt wird.


    Kurz zusammengefasst, meine Empfehlung: Alle Überreste lassen, wie sie sind, und ein paar ausgewählte Sachen öffentlich (und natürlich kritisch) präsentieren!

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