Gedanken zur Besiedlung von Hochfranken vor dem 10.Jh - unter Einbeziehung der Slaven

  • Gedanken zur Besiedlung von Hochfranken vor dem 10.Jh


    Hier im Forum wird ja bemerkenswerterweise immer wieder über Besiedlungsgeschichte diskutiert. Besonders die Anwesenheit der Slaven führt immer wieder zu endlosen Debatten (leider oft auch nur polemisch). Die mangelnde Fundlage, bspw. von deutbarer Keramik, wird dabei immer wieder herangezogen und Sprachforschung gilt ja in vielen Köpfen noch immer als Kaffeesatzleserei (das dies schon lange nicht mehr so ist, muss an anderer Stelle diskutiert werden).


    Ich bin übrigens kein Verfechter der Siedlungskontinuität in Hochfranken. Außerdem bin ich ein Fan der Archäologie und mache selbst Feldbegehungen. Dennoch möchte ich mal einige meiner persönlichen Gedanken zur Besiedlungsgeschichte und die Fundlage dazu einbringen, wohlwissend, dass man dazu auch anderer Meinung sein kann. Stellvertretend für sämtliche infrage kommenden Volksgruppen picke ich mir mal die Slaven raus.


    Was wurde bisher gefunden im Großraum...
    Alladorf, Thurnau, KU: Gräberfeld mit vereinzelten slavische Beigaben.
    Burgkunstadt, LIF: slavische Siedlungsspuren nachgewiesen.
    Stockau, Weidenberg, BT: slav. Keramik.
    Waldstein, Sparneck, HO: slav. Keramik.
    Weißdorf, HO: slav. Keramik.
    Bindlach, BT: slav. Keramik.


    ...ok, viel ist das nicht.
    Warum ist das so? Nun ja, wenn ich das wüsste...


    Grundlegende Gedanken:
    Meines Wissens hatten die Slaven hierzulande kein eigenes Geld und Waffen und Werkzeuge sind von denen der anderen Volksgruppen anscheinend kaum oder gar nicht zu unterscheiden. Keramik aus der Zeit lässt sich mit bloßem Auge wohl auch nur durch die typische Bemusterung unterscheiden (der Profi kann da sicherlich anhand der Zusammensetzung und Magerung noch genauer differenzieren). Gräberfelder, bzw Gräber aus dieser Zeitstellung sind Mangelware und Siedlungen aus der Zeit waren in allen Volksgruppen Klein- bzw Kleinstdörfer. Schriftliche Zeugnisse hinterließen die Slaven auch nicht.


    Nun meine persönlichen Meinung dazu:
    - Die Siedlungen...
    Sie waren in der Zeit, ich hab's schon erwähnt, in allen Volksgruppen Klein- bzw Kleinstdörfer. Viele archäologische Spuren können da ja gar nicht über bleiben in den mehr als 1000 Jahren, die seit dem vergangen sind. Wieviel nichtorganischen Besitz hatte denn so eine Familie, ein Hof oder eine Kleinsiedlung mitten im nirgendwo, welches dann auch noch als "Zivilisationsmüll" zurückbleiben konnte?
    -Gräber...
    Gräberfelder, bzw Gräber sind ja aus sämtlichen Epochen Mangelware. Was anhand der Überbauung und intensiven landw. Nutzung heutzutage auch kein Wunder ist. Der saure Boden hierzulande wird sein Übriges dazu beigetragen haben. Siedlungen mit 1-5 Höfe werden es wohl damals überwiegend gewesen sein. Wie GROSS waren denn da die "Gräberfelder"? Hatte denn jeder einfache Bauer Schmuck und Werkzeug übrig als Beigabe? Müsseten da wirklich viele archäologische Spuren über bleiben?
    - Keramik...
    Mittlerweile kann man die Bemusterung genauer einzelner Gruppen zuordnen. Die Forschung bleibt Gott sei dank nicht stehen! Aber ich Frage mal bewusst provokant:
    glaubt man denn tatsächlich, alle slav. stämmigen Bewohner in der x-ten Generation bevorzugten die gleiche Bemusterung? Die gleiche Machart? Das gleiche Material? Hat denn wirklich jeder seine Töpfe und Krüge selbst hergestellt? Gibts tatsächlich überall dafür geeignete Tonerde?
    Kann es denn nicht sein, dass die eine oder andere Gruppe die typische Keramik mit der Bemusterung ihrer "Landsleute" gar nicht benutzte? Vielleicht aus Qualitäts- oder geschmacklichen Gründen? Kennen wir denn die in unserer Gegend bevorzugte Bemusterung? Wieviel Töpfer hatte denn ein Landstrich? Und ich frag nochmal: Wieviel nichtorganischen Besitz hatte denn so eine Familie, ein Hof oder eine Kleinsiedlung mitten im nirgendwo, welches dann auch noch als "Zivilisationsmüll" zurückbleiben konnte?
    - Waffen und Werkzeuge...
    Eisenfunde aus dem Mittelalter genau zu bewerten ist generell schwierig. Da tun sich auch Archäologen schwer. Das ist, denke ich, ohne bestimmter Formgebung und metallurgischer Untersuchungen kaum möglich. Zumal sich Werkzeuge usw. seit der Antike doch sehr ähnlich sehen.
    - Archivalien
    Verschiedene Volksgruppen wurden damals schon unterschieden, wie archivalische Belege zeigen. Der Sachsenspiegel zeigt uns sogar, das eine Unterscheidbarkeit durch Kleidung, Haartracht und Sprache gegeben war. Man kannte sich, man handelte untereinander (Wäre ja auch doof gewesen, wenn nicht). Man kannte die Vorzüge fremder Waren und benutzte sie auch, wenn man merkte, dass sie besser waren als die eigenen. Da unterscheiden sie die Leute nicht von den heutigen. Wie will man denn da Bodenfunde eindeutig zuordnen?


    Um nun die Diskussion anzufeuern stelle ich einmal die überaus provokanten Fragen:
    Gibt die Fundlage denn tatsächlich ein reales Bild von den ansässigen Volksgruppen ab? Waren wir wirklich Siedlungsleer?
    Wieviel Bodenfunde (von den wenigen vor dem 10.Jh) wurden denn gemacht, die nicht gleichermaßen auch von Slaven, Franken oder Sonstige verwenden werden konnten, die eben nicht die typischen Merkmale ihrer Hersteller haben? Kann eine Keramik ohne slavische Verzierung nicht trotzdem slavisch sein? Wieviel nichtorganischen deutbaren Besitz hatten denn die damaligen Bauern/Bewohner tatsächlich (die Frage hatte ich schon), den es zu verlieren gab? So ein Hof war doch sicherlich oft genug nicht länger als (wenn überhaupt) nur eine Generation bewohnt, welche Menge auffindbaren und deutbaren Müll hinterlässt man in dieser kurzen Zeit? Ich glaube ja nicht viel! Ist aber halt nur meine bescheidene Meinung

  • 1. Selbst wenn man slawische und nichtslawische Keramiken nicht leicht oder gar nicht auseinander halten kann: Aus der Hofer Region (nördlich des Waldsteins) gibt es auch fast keine Keramik, die bislang als "nichtslawisch" klassifiziert wurde.
    2. Die Argumente über den geringen Siedlungsabfall treffen sicherlich zu, man hat nicht so viel weggeworfen wie wir heute. Allerdings müsste dieser Abfall dann auch in anderen Gegenden winzig sein. Aus der Bamberger Gegend und vielen anderen haben wir aber recht viele Siedlungsabfälle aus der Zeit vor 1000 überliefert. Das deutet doch darauf hin, dass dort (viel) mehr los gewesen ist.
    3. Bis ins 19. Jahrhundert entscheidet man sich bei der Niederlassung in der Regel nach der landwirtschaftlichen Fruchtbarkeit einer Region oder ihrer Ertragsfähigkeit im Bergbau. Beides ist in der Region Hof weniger gegeben als im Umland. Also liegt es nahe, im Umland zu siedeln, das damals noch bei weitem nicht völlig mit Menschen angefüllt war. Die Besiedlungstätigkeit ab etwa dem Jahr 1.000 war dann eine vom Adel systematisch gesteuerte, weil der in Deutschland keine anderen Regionen mehr fand, wo er sich hätte neue Herrschaftsgebiete erschließen können. Sie verlief bis ins Spätmittelalter sehr langsam, d.h. die einfachen Leute waren zunächst nur in geringer Zahl in die Region zu bringen.

  • Ich möchte hier nochmal auf die archäologische Fundsituation in Verbindung mit den Ortsnamen eingehen:


    Bei Ortsnamen wie Konradsreuth oder Eppenreuth ist jedem klar aus welcher Zeit diese Namen stammen (diese ON passen dann auch mit den von Eva geschilderten, archäologischen Befunden des 13./14 Jh. zusammen). Es bleiben aber trotzdem noch die für uns heute „komisch“ klingenden Namen übrig. Dass diese ON nicht aus antiker Zeit stammen, darüber ist man sich hier im Forum, denke ich, weitestgehend einig. In diesem Zusammenhang möchte ich mich nochmal kritisch zu dem Referenten (der sich auf Theo Vennemann beruft) äußern, der offenbar Namen von kleinen Nebenflüsse der oberen Saale als Alteuropäisch dargestellt hat.


    Neue Studien zur Besiedlungsgeschichte des Bamberger Landes oder der Gegend um den Rauhen Kulm haben gezeigt, dass im Zusammenhang mit den dort zahlreichen, archäologischen Funden, die ON-Herleitungen von Schwarz (oder später Eichler) richtig sind. Ortsnamen wie Laibarös/Scheßlitz bzw. Löschwitz/Kaibitz passen quasi mit den dortigen slawischen Funden zusammen.
    [url]http://www.landschaftsmuseum.de/Bilder/Slawen-Karte-2.jpg [/url]
    Welcher Sprachschicht soll man also die 70-80 bei E. Schwarz behandelten Ortsnamen des Landkreises Hof zuordnen?


    Die Menschen haben damals eben nicht irgendein „Kauderwelsch“ gesprochen. 80 – 90 % der Ortsnamen lassen sich auf eine ursprüngliche Grundform zurückführen. Das ist im Fall von Weißdorf (1330 Wysselsdorf) z. B. die mittelhochdeutsche Grundform *W?silesdorf „Dorf des W?sili“ oder bei Woja (1363 Woyen) die slawische Grundform *Voje? „Ort des Vojen“. Auffällig ist auch, dass man bei ON wie Nentschau, Tauperlitz oder Wurlitz den alten geographischen Namen (der dort angetroffenen Bevölkerung) übernommen hat und nicht einen neuen fränkischen ON mit den Grundwörtern -dorf, -reuth, -berg, -grün o. ä. gebildet hat.


    Noch eine Bemerkung zur Ertragsfähigkeit des Ackerbodens: Ich habe mal eine schematische Karte mit Ortsnamentypen um die Stadt Hof angefertigt. Hier kommt man zu dem Ergebnis, dass 10 slawische ON + ein slawisch-deutscher Mischname, 3 alte deutsche ON mit dem Grundwort -dorf gegenüber stehen. Wenn die Verbreitung dieser alten ON-Typen genauso dicht wie z.B. im Lkr. Bamberg ist, dann hat man m. E. diesen vermeintlich schlechteren Ackerboden der Hofer Gegend trotzdem schon im Hochmittelalter bearbeitet.


    Das Problem dieser Diskrepanz zwischen den archäologischen Befunden und den Ortsnamen wird wohl in naher Zukunft nicht gelöst werden können.

  • Hei Markus ...
    alle reden von Slaven und von Römern redet bislang nur einer. Dabei haben die Römer ...Zitat: In der Oberpfalz lassen sich Belege für das
    Kommunalbrauwesen und die Zoiglkultur bis in das ahr 1415
    (Neuhaus) zurückverfolgen. Zitat-Ende




    Spracharchäologisch gesehen und gehört, geht das Zoiglbier bis
    zu den alten Römern in Oberfranken zurück.




    Typisch Wikipedia ... Daher stammt auch der Name des Bieres,
    Zoigl (vom nordbairischen für zeigen), was hochdeutsch nichts
    anderes als Zeichen oder Aushängeschild bedeutet.




    Die Germanisten mögen mir verzeihen ... wohl eher von BierHaus =
    Zythopola + potiuncula = Tränklein und die Lateiner mich korrigieren.




    Mit besten Wünschen für die Gesundheit
    Rupert

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