Bergbau im Fichtelgebirge


  • Bergbau im Fichtelgebirge


    Kann mir jemand sagen ab wann in etwa ein Bergbau im Fichtelgebirge nachgewiesen ist? Kann der Zinnabbau im Fichtelgebirge bereits mit der Bronzezeit in Verbindung gebracht werden?


    Beste Grüße
    Dieter


  • Hallo Dieter,


    verlässliche Quellen gibt es erst ab dem 13./14. Jahrhundert. Es wird als relativ sicher erachtet, das es bereits um das Jahr 1000 Goldwäscher in unserer Gegend gegeben hat. Bereits im 9ten Jahrhundert wird von Bergleuten aus Franken berichtet, aber ob diese auch schon im Fichtelgebirge waren ist reine Spekulation.
    Ich kann Deinen Gedankengang gut nachvollziehen im Fichtelgebirge auch an die Bronzezeit zu denken. Um Bronze zu erzeugen braucht man Kupfer und Zinn. Ein großes Rätsel der Geschichte ist ja die weite Entfernung zwischen den Fundstellen der beiden Bodenschätze, die meist mehrere 100 Kilometer auseinander liegen. Anders ist es im Fichtelgebirge und dessen näherer Umgebung. Kupfer findet man in Kupferberg, Neufang, Adlerhütte, Schwärzhof, Gössenreuth, Köslar, Gothendorf, Marktschorgast und Bad Berneck. Des weiteren auch in Sparneck. Zinn ist im Fichtelgebirge häufig gefördert worden, allen voran natürlich beim Seehaus. Es gibt also Lagerstätten, die keine 10 Kilometer auseinander liegen. Bei Sparneck könnte es sogar noch deutlich weniger sein...
    Hier kann man jetzt richtig schöne Hypothesen erstellen. Leider wurde das Thema Bergbau im Fichtelgebirge in der Bronzezeit meines Wissens noch nie wissenschaftlich untersucht. Da der hypothetische Bergbau dann eher bei Kupfer als Tagebau und bei Zinn als Seifenwäsche zu vermuten ist, könnte man heute definitiv nichts mehr erkennen. Evtl. könnte man bei Bodenproben entsprechende Koheschichten und Schlackereste finden. Auch eine Datierung unserer zahlreichen Erosionsschäden könnte bei der Suche nach altem Bergbau helfen. Des Weiteren wird versucht anhand der Bronzezusammensetzung und Isotopenkonzentration von Fundstücken aus der Bronzezeit die Herkunft von Kupfer und Zinn zu bestimmen. Hierzu gab es vor drei Jahren einen hervorragenden Vortrag bei den montanhistorischen Tagen in Weißenstadt. Ob hier Erzproben aus den genannten Gebieten auch untersucht wurden, ist mir nicht bekannt.
    Ich würde mich freuen wenn sich jemand diesem Thema wissenschaftlich annehmen würde, meine Unterstützung wäre sicher.
    Viele Grüße, Gert

  • Danke Gert,


    es gibt immer wieder mal Hinweise oder Vermutungen, dass die Heunischenburg bei Kronach als Sicherung eines Transportweges für Zinn und Kupfer aus dem Fichtelgebirge gedient haben könnte. Nur die Heunischenburg wurde bereits 800 vor Christus zerstört - wenn dann noch kein Erzabbau im Fichtelgebirge war, ist auch dies Hypothese ohne Sinn.


    Viele Grüße
    Dieter

  • Hallo Eva,


    vielen Dank für deinen Beitrag und den Bericht.


    Prof. Dr. Björn-Uwe Abels schreibt, ich zitiere aus der Anlage von Eva:


    "Wahrscheinlich kontrollierte die späturnenfelderzeitliche Elite der
    Heunischenburg den Handel mit Kupfer und Zinn aus den Mittelgebirgen Ostoberfrankens, die in den großen zentralen
    Siedlungen dringend benötigt wurden."


    Dies setzt aber voraus, dass in den Mittelgebirgen Ostoberfrankens bereits zur Späturnenfelderzeit Zinn und Kupfer abgebaut wurde und das Handelsstraßen vorhanden waren.


    Für beides habe ich noch keine Bestätigung gefunden, im Gegenteil, ein Bergbau im Fichtelgebirge um 800 vor unserer Zeitrechnung wird eher verneint. Deshalb suche ich sowohl für den frühen Bergbau als auch für alte Handelsstraßen - bisher leider ohne Erfolg - nach Hinweisen.


    Beste Grüße
    Dieter


    PS: Hallo Eva, schön wieder was von dir zu hören.

  • Hallo Gert und Dieter,


    ihr habt ein Thema angeschniten, welches auch im Frankenwald häufig sehr emotional diskutiert wird. Ja, der Frankenwald und das Fichtelgebirge besaßen genau die Metalle, die in der Bronzezeit sehr begehrt waren. Und wie Gert auch schon schrieb, befanden sich die Lagerstätten in unmittelbarer Nähe zueinander. Alleine schon dieser Umstand lässt die These eines frühen Bergbaues zu. Was uns aber allen fehlt ist quasi der Fund zum Befund! Im Harz haben "Sammler" solche Funde gemacht und somit den Grundstein für eine montanarchäologische Untersuchung gelegt.


    Hier mal die HP der Forschunfsergebnisse aus dem Harz:


    http://www.harzarchaeologie.de/index.html


    Liebe Grüße


    Eva

  • Und wie Gert auch schon schrieb, befanden sich die Lagerstätten in unmittelbarer Nähe zueinander. Alleine schon dieser Umstand lässt die These eines frühen Bergbaues zu.



    Dies setzt aber voraus, dass den Menschen der Bronzezeit die Vorkommen von Zinn und Kupfer im Fichtelgebirge/Frankenwald bereits bekannt waren und, dass diese Bronzezeitmenschen bereits über die erforderliche Technik zum Abbau der Vorkommen hatten.
    Wie müssen diese Lagerstätten hier bei uns denn abgebaut werden? Sind es oberirdische Lagerstätten oder müssen tiefe Gänge gegraben werden?


    Gruß Dieter


  • Hallo Dieter,


    Untertasgebaue kannte man schon im Jungpaläolithikum, denn der Feuerstein musste ja auch gewonnen werden. Und der Pyrit (Schwefelkies) lag ja auch nicht einfach so rum. ( gibt es bei uns ja auch) Untertage ging man wohl zu allen Zeiten nur, wen man unbedingt musste, denn man setzte sich dadurch ja auch vielen Gefahren aus. Ferner brauchte man zusätzlich ja auch noch Lict. bzw Wetterschächte, was die Arbeit noch zunehmend erschwerte und auch teurer machte und ab einer bestimmten Tiefe hatte man dann noch gegen das Wasser kämpfen. Auf der Mordlau wurden Stollen aufgegeben, weil man nicht mehr Herr dem Wasser wurde. Noch heute kann man hier bei uns viele Tagespingen finden.


    Liebe Grüße


    Eva

  • Hallo Eva,


    das bedeutet also, dass der Abbau der Zinn- und Kupfervorkommen in Fichtelgebirge und Frankenwald technisch bereits zur Bronzezeit möglich gewesen wäre. Kannst du mir sagen, wie die Vorkommen von Zinn- und Kupfer bei uns aussehen? Wäre Untertagebergbau dort erforderlich?


    Es ist aber doch richtig, dass es keine Bergbauspuren in unserer Region gibt, die so alt sind, oder? Oder gibt es so alte Tagespingen


    Liebe Grüße
    Dieter

  • Hallo Dieter,


    hier antworte ich ungefragt. ;)


    Kupfer: Auch im Mittelalter wurden viele unserer Kupfervorkommen noch im Tagebau abgebaut (Wenn Dich so etwas interessiert, ich führe bei Gössenreuth eine Geopark-Tour, in der ich auch einen alten Tagebau aufspüre.). Die Vorkommen verlaufen aber in auch in die Tiefe, so das nach und nach auf Stollenabbau umgestellt werden musste.
    Ganz anders sieht es beim Zinn aus. Die Zinnvorkommen bei uns entstanden im Dachgranit, also in der obersten Schicht der Granit-Plutone. Manchmal stiegen bei der Entstehung der Granite auch Restschmelzen in Spalten auf, in denen auch Zinn vorkommt. Für den frühen Bergbau ist das aber weniger interessant. Die Dachgranite verwittern und der Verwitterungsgruß lagert sich der Schwerkraft folgend ab. Da das Zinnerz schwer ist, bilden sich in Senken Stellen, an denen es gehäuft vorkommt. Dieses kann man dann (ähnlich wie beim Goldwaschen) auswaschen. Für den frühen Bergbau dürften nur dieses sogenannten Zinnseifen interessant gewesen sein, also reiner Tagebau.


    Viele Grüße, Gert

  • Hallo Dieter,


    nein, bei uns gibt es keine so alten Bergbauspuren. Datierungen von Schlackenresten lassen darauf schließen, dass der Bergbau so um 1000 nach Christus aufgenommen wurde. Wie der Bergbau zu der Zeit tatsächlich ausgesehen hat, kann wohl niemand zu 100 Prozenst sagen. Bei uns gibt es einen Seifenbach und einen Goldbach - ein deutlicher Hinweis, dass man hier durch "Seifen" Mineralien gewonnen hat. Auf der Mordlau kann man heute noch Tagebaue erkennen. Metertiefe Tagespingen befinden sich auf den Steilabhängen hinunter Richtung Muschwitzgrund. Wenn man sich dort das Gelände anschaut, hat man den Eindruck sie haben sich wahllos in den Boden hineingegraben. Man grub ein Loch und wenn man dann nach ein paar Metern nichts mehr fand, grub man ein paar Meter weiter das nächste Loch.


    Ich habe übrigens eine Karte aud dem Jahre 1796, dort sind die Untertagebaue eingezeichnet.


    Zusammenfassen kann man sage, dass sich auf der Mordlau alles findet. Tagespingen, Pingen, Schürfgräben - einfach alles und häufig direkt nebeneinander.


    In der Nähe von Bad Steben wurden vor eingen Jahren Zerrenfeuer entdeckt. Im Frühjahr diesen Jahres unternahm ich mit Frau Grüner und Herrn Rauh eine Flurbegehung dorthin. Gefunden haben wir wirklich eine Menge schöner Scherben. Die älteste Scherbe stammt aus dem 12. Jahrhundert.


    Liebe Grüße


    Eva

  • Hallo Eva,



    ...


    In der Nähe von Bad Steben wurden vor eingen Jahren Zerrenfeuer entdeckt. Im Frühjahr diesen Jahres unternahm ich mit Frau Grüner und Herrn Rauh eine Flurbegehung dorthin. Gefunden haben wir wirklich eine Menge schöner Scherben. Die älteste Scherbe stammt aus dem 12. Jahrhundert.


    Was sind denn Zerrenfeuer?


    Dann sind die Scherben ja älter als Bad Steben!? Glückwunsch.


    Gruß Dieter


  • Im Begleitbuch zur ZDF-Reportage "Die Bernsteinstraße" habe ich nachfolgenden Text entnommen:


    "Besonders beeindruckende Bergwerksstollen aus der Bronzezeit fanden Archäologen im österreichischen Götschenberg: 170 Meter tief und 400 Meter lang bohrten sie sich in den Berg hinein. Auf ihrer Suche nach Kupfer gelangten die Arbeiter mit Hilfe einer steilen, mit glitschigem Lehm bestrichenen Rutsche in den tiefschwarz gähnenden Bergschlund. Tief unten, weit entfernt vom Licht der damals oft noch gottgleich verehrten Sonne, gingen die Bergleute ein unglaubliches Wagnis ein: Sie schürten ein großes Feuer, um das Gestein zum besseren Abbau zu erhitzen! Sobald das Feuer ausgegangen war, schreckten sie den Fels mit Wasser ab.
    ...
    Das derart lungenverätzend und schweißtreibend gewonnene Erz wurde - noch fest mit dem wertlosen Gestein verbunden - in Trögen nach draußen transportiert und dort sofort an Ort und Stelle weiterverarbeitet: Zunächst wurde das Material mit Klopfsteinen und steinernen Handmühlen zerkleinert, dann wurde das Erz säuberlich vom Gestein getrennt und schließlich in nur etwa 70 Zentimeter großen, aus feuerfesten Steinen und Lehm gemauerten Schachtöfen auf über 1200 Grad Celsius erhitzt. Erst nach dieser aufwendigen Prozedur hatten Gießer und Schmiede, was sie für ihre Arbeit benötigten."


    Quelle: Die Bernsteinstraße, Rowohlt Verlag GmbH, 1. Auflage Oktober 2012, ISBN 978 3 498 025229, ab Seite 208


    Aus der Diskussion hier und diesem vorstehenden Bericht schließe ich:
    1. Dass die Menschen in der Bronzezeit das Erz im Fichtelgebirge sowohl im Tage- als auch im Untertagebau hätten abbauen können.
    2. Das Zinn und Kupfer für die Menschen damals so wertvoll waren, dass sie die Erze abgebaut hätten wenn sie von den Erzvorkommen gewusst hätten.
    3. Dass die Erze vor Ort verarbeitet wurden, wofür Menschen, Werkstätten und Transportwege erforderlich waren. Weshalb bei einem Abbau im Fichtelgebirge Siedlungsspuren und Spuren einer "Infrastruktur" zu finden sein müssten.


    Da bis heute keine archäologischen Spuren gefunden wurden, welche auf einen Bergbau zur Bronzezeit hinweisen, und da im Fichtelgebirge für die Bronzezeit auch keine Siedlungsspuren gefunden wurden muss wohl heute davon ausgegangen werden, dass zur Bronzezeit kein Bergbau im Fichtelgebirge stattgefunden hat.


    Liege ich da falsch?


    Gruß Dieter


  • Hallo Dieter,
    die meisten vor- und frühgeschichtlichen Funde im Landkreis Wunsiedel sind zufällig entdeckt worden. Es könnte also durchaus sein, dass sich noch manche Überraschung finden ließe, wenn systematisch und regelmäßig gesucht würde. Vielleicht wäre es hilfreich, die bisher veröffentlichten Funde in einer Art "Kataster" zusammen zu fassen. Das Forum wäre hierfür sicherlich eine geeignete Plattform, da viele daran mitarbeiten könnten. Mit den Wüstungen wurde ja schon angefangen. Diese "Datenbank" wäre in dieser Richtung durchaus ausbaufähig!
    Gruß Harald

  • "Aus der Diskussion hier und diesem vorstehenden Bericht schließe ich:
    1. Dass die Menschen in der Bronzezeit das Erz im Fichtelgebirge sowohl im Tage- als auch im Untertagebau hätten abbauen können.
    2. Das Zinn und Kupfer für die Menschen damals so wertvoll waren, dass sie die Erze abgebaut hätten wenn sie von den Erzvorkommen gewusst hätten.
    3. Dass die Erze vor Ort verarbeitet wurden, wofür Menschen, Werkstätten und Transportwege erforderlich waren. Weshalb bei einem Abbau im Fichtelgebirge Siedlungsspuren und Spuren einer "Infrastruktur" zu finden sein müssten."


    zu 1. Die Menschen in der Bronzezeit wären sehrwohl in der Lage gewesen Bronze und Zinn, sowohl Unter- als auch Übertrage abzubauen. Die Techniken beherrschten sie.
    zu 2. Wäre die Gegend zur damaligen Zeit besiedelt gewesen, hätten sie mit Sicherheit auch die Bodenschätze abgebaut. Allzu tief musste man bei uns ja auch nicht in die "Erde" rein.
    zu 3.Man hatte an Ort und Stelle verhüttet.


    Aber um auf den Boden der tatschane zu bleiben: Wir haben KEINEN Nachweis auf eine bronzezeitliche Besiedelung!


    Liebe Grüße


    Eva

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