Neuer Lager- od. auch Wehrstollen in Hof

  • Hallo,


    wir haben letzten Mittwoch einen neuen Keller mit Herrn Häck in Hof befahren.
    Laut Aussage von Herrn Häck ist dieser Keller aus dem Mittelalter mit einem Durchbruch ins Nachbarhaus (Luftschutzkeller im II. WK).
    Hier konnten wir Herrn Häck einen mittelalterlichen Ziehbrunnen mit noch vorhandenen Holzförderrohren präsentieren.
    Das Ziel ist es, auch hier in der Zukunft Führungen anzubieten.

  • Als Wehrstollen bezeichne ich einen Gang, der unter der Stadtmauer hindurch zu einem Bereich vor der Stadt führt. Um diese besser zu verteidigen (vielleicht aus dem rückwärtigen Bereich der Angreifer). Dieser "Gang" weist keinerlei Lagerkapazitäten auf. Das scheint aber hier nicht der Fall zu sein, da die Treppe - der Durchgang zum Haus sehr neuzeitlich ist. Diese Info habe ich erst vor drei Tagen erhalten, als ich Kenntnis von den vorhandenen Bauakten bekommen habe und diese einsehen konnte.


    Glück Auf


    Rudolf

  • Danke für Deine Erläuterung.


    Dein Wehrstollen wäre als das, was im Festungsbau als „Ausfallpforte“ bezeichnet wird.


    Solche Ausfallpforten finden sich vor allem bei Orten, die planmäßig als Festung ausgebaut waren (Ingolstadt, Augsburg) oder bei reinen Festungen (Rosenberg, Marienberg, Wülzburg usw.), bei bloßen Stadtbefestigungen und schon gar bei der mittelalterlichen Stadtmauer sind sie eher selten, da eine solche Pforte immer einen Schwächemoment in der Befestigung darstellte.
    Wenn es sich bei diesem Wehrstollen tatsächlich um eine Ausfallpforte handeln sollte, müssen umfangreiche Sicherungsvorrichtungen vorhanden sein (Fallgatter, Möglichkeiten die Türe von innen wirkungsvoll zu verrammeln, Wirkungsmöglichkeiten mit Fernwaffen – Armbrust oder Feuerwaffen – vor Türe), da sonst die Gefahr besteht, das der Belagerer bei einem Rückzug der Verteidiger nach dem Ausfall mit in die Stadt eindringt. Es gab z.B. auch Schleusensysteme mit zwei Toren, um das Eindringen zu verhindern, ein bekanntes Beispiel dafür ist das Nachttor der Reichsstadt Augsburg (Ruckteschel, Wilhelm: Der „Einlaß“ zu Augsburg – das wohlgesicherte Nachttor der Reichsstadt. In: Technik-Geschichte, Bd. 44 (1977), S. 189 – 200)


    Zudem muss am stadtinneren Ausgang dieses Stollens genug Platz zum Sammeln der für den Ausfall vorgesehenen Kämpfer vorhanden sein (Waffenplatz), da so ein Ausfall in kürzester Zeit erfolgen muss, um überhaupt eine Aussicht auf Erfolg zu haben. Beispiele dafür finden sich z.B. auf der Festung Rosenberg bei Kronach.
    Der Altmeister der Festungs- und Burgenforschung, Otto Piper, bezweifelt mit Recht, das solche „geheimen“ Ausgänge oft für einen Ausfall benutzt wurden, weil die Besatzungen der Städte zahlenmäßig zu gering für eine Feldschlacht gewesen wären und meistens auch von Ausbildung und Bewaffnung her den Belagerern nicht gewachsen waren (Piper, Otto: Burgenkunde, München 1912, S. 523). Ausfälle, um tatsächlich den Gegner zu bekämpfen, finden sich fast nur bei wirklichen Festungen, die auch eine entsprechend starke Besatzung aus ausgebildeten Soldaten hatten. Ansonsten waren solche Pforten eher Schlupftüren, um z.B. einen Boten hinaus zu bringen, der versuchen sollte, sich durch die feindlichen Linien zu schleichen.


    Um tatsächlich mit einem „Geheimen Gang“ in den Rücken der Belagerer zu kommen, hätte dieser über hundert Meter lang sein müssen. Auch im Mittelalter stellte man Belagerungsmaschinen nicht direkt vor der Stadtmauer auf.


    In der Literatur zur Hofer Stadtbefestigung z.B. bei Ebert oder bei Longolius gibt es nach meinem Kenntnisstand keinen Hinweis auf eine solche unterirdische Ausfallpforte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine so wichtige Verteidigungseinrichtung unterschlagen worden wäre (Ebert, Friedrich: Chronik der Stadt Hof - Band V: Baugeschichte. Hof 1957, S. 48 – 66. - Longolius, Paul Daniel / Händel, Fred (Hrsg.): Der widrige Einfluß der Höfischen Brände. Faksimile-Druck nach der Ausgabe von 1744-1746. Hof 1991).


    Zudem gab es in der Hofer Stadtbefestigung drei Pforten, die man für Ausfälle hätte nutzen können. Diese waren entsprechend gesichert waren, so dass kaum Bedarf für eine weitere, die Befestigung schwächende Pforte bestand:
    1. Badtürlein (heutiges Schultor) als Durchlass in den Zwinger, passierbar nur von Fußgängern. Ein besonderer Torturm war an dieser Stelle nicht vorhanden, durch das Tor eindringender Feind konnte in einem engen Hof zwischen den Häusern bekämpft werden, bevor ihm ein Durchbruch zur Marktstraße (heute Ludwigstraße) gelang.
    2. Michaelistürlein (heute Kirchberg). Hier sicherte ein viereckiger Turm den Zugang. Der Weg zu diesem ebenfalls nur für Fußgänger geeigneten Tor führte wie heute erst eine längere Strecke parallel zu Mauer und Zwinger, so dass ein Angreifer längere deckungslose Strecken überwinden musste.


    3. Mühltürlein (Einmündung Karolinenstraße in Sigmundsgraben), als Durchlaß für Fußgänger und die Esel der Hospitalmühle. Hier gab es ein Torhaus, das in den Zwinger vorsprang, jedoch anscheinend kein Turm. Die Durchfahrt konnte bei Gefahr mit einem Fallgatter geschlossen werden. Den Graben überquerte eine hölzerne Brücke, die bei Belagerungen abgeworfen werden musste, da sie nicht hochziehbar war.


    Gibt es denn weitere Quellen oder sonstige Fakten, die Deine Vermutung eines „Wehrstollens“ stützen?


    Grüße
    Jörg

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Hallo Jörg,


    ich doch erwähnt, dass es kein Wehr oder Ausfallstollen sein kann.


    Denn die Treppe vom Kellerbereiches des Hauses auf das Sohlenniveau wurde erst um 1900 - 1901 laut Bauakte ausgeführt.
    Wohl aber gab es ind der Fischergasse 2 ein Kellerhaus, dieses war diesem Keller vorgelagert. Besagtes Kellerhaus wurde um ca. 1950 abgerissen.
    Leider konnte(n) ich/wir in diesem Keller keinerlei Lagerbänke oder ähnliches erkennen.
    Danke für deine Erklärungen, wieder was erfahren.


    Gruß


    Rudolf

  • Jörg,


    ich habe mal eine Frage.
    Wie sind deine Kenntnis um den Vorgängerbau der Lorenzkirche, der sog. Klausenfeste auf dem Klausenberg (Chronik der Stadt Hof - denke Bd. 5).
    War da was????
    Denn, unten drunter ist der ehemalige Keller der Schmidts Heiner Brauerein. Außer einem sog. Harnisch haben wir hier eine gemauerte Kammer.
    Da nicht hinter die Ziegelmauer geschaut werden kann stellen sich Folgende Fragen:
    Wollten die erbauer der Mauern - einen Verbruch verhindern, - ist die Vermauerung um einen abgegrenzten und versperrbaren Bereich zu schafe oder sollte ein Zugang zu obertägigen Bereich verwehrt werden????
    Wie ist dein Wissensstand?


    Gruß


    Rudolf

  • Lieber Jörg,


    ein paar Gedanken zu Deiner schönen Zusammenstellung:


    1. Eine "Klause" als Befestigung stelle ich mir hier aus topographischen Gründen nicht vor.
    Wie sollte man denn hier sinnvoll den Weg verlegt haben, was den Namen "Klause" auch verdient hätte?
    Zwar ist die Pfarr heute ein Nadelöhr, doch wenn man sich die Bebauung wegdenkt, ist da doch recht viel Platz.
    Eine Sicherung zur Saale hin erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich. Bautechnisch und personell sehr aufwändig.


    2. Stellt man sich eine frühe Einsiedelei vor, macht der Name "Klausenberg" auch Sinn.
    Gerade wenn man bedenkt, dass St. Lorenz später quasi zur Mutterkirche des gesamten Regnitzlandes wurde.
    Da liegt ein religiöser Bezug doch nahe, oder? Gibt es denn Beispiele dafür, das Turmhügel abgerissen und
    mit einer Kirche überbaut wurden? Gibt man die Verteidigung zu Gunsten des Gebets auf? Ich denke nicht.


    3. Dem Bergsporn vorgelagert war die kleine St. Gangolfs-Kapelle. Würde man sie als "Klause" bezeichnen,
    so wäre der Bergsporn der "Berg über der Klause". Das ist aber nur Spinnerei meinerseits...


    4. Geht man von der Größe und der Bauweise einer Türmhügelanlage aus, so wäre diese wohl komplett
    von der Kirche überbaut worden. Bestenfalls könnte man noch Bodenverfärbungen nachweisen, was aber
    durch die Nutzung als Friedhof auch nur ein Glücksfall sein dürfte.


    5. Widman stellt eine Verbindung zwischen Saalenstein, Klausenberg und Gattendorf her. Das ist so offenkundig falsch,
    dass es schon verwundert, dass dem berühmten Chronisten ein solcher Fehler unterlaufen sein soll. Entweder ist
    es ein Übertragungsfehler, oder man müsste Widmans gesamtes Werk neu bewerten. (Bitte nicht ...!)


    Gruß, Hans

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