Dampfmaschinen

  • Hallo,


    es gibt eine Webseite, auf der man sich über frühere Standorte und Betreiber von Dampfmaschinen informieren kann. Oft sind auch kurze Angaben zur Firmengeschichte der jeweiligen Betreiberfirma enthalten.
    http://www.albert-gieseler.de/index.html



    Für Hof gibt es z.B. über 100 Einträge:
    http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/tables/ort-ho0.shtml


    oder Marktleuthen hat immerhin auch 5 Einträge:
    http://www.albert-gieseler.de/…de/tables/ort-mans0.shtml


    Die Standorte alphaetisch geordnet stehen unter:
    http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/indexe/orte.shtml


    Auch Hersteller von Dampfmaschinen findet man, z.B. Rockstroh in Marktredwitz http://www.albert-gieseler.de/…irmen0/firmadet1615.shtml oder die Maschinenfabrik Rehau http://www.albert-gieseler.de/…rmen1/firmadet17424.shtml


    Solche Angaben sind eventuell für jemanden interessant, der sich mit Wirtschaftsgeschichte unserer Region oder mit Fragen der Entwicklung der Arbeitswelt, der Energieversorgung usw. befasst.


    Grüße
    Jörg

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Hallo Jörg,


    Vielen herzlichen Dank für den Link zu dieser wirklich ausführlichen Zusammenstellung! Ich befasse mich derzeit tatsächlich mit der Proto-Industrialisierung im Münchberger Raum und konnte einige Thesen (insbesondere hinsichtlich der überschätzten Rolle der Dampfkraft für den Wandel im Produktionsprozess) belegen.


    Liebe Grüße,


    Adrian

  • Hallo Adrian,
    das ist ein hochinteressantes Thema, das Du Dir hier gewählt hast.


    Ich nehme an, die Aussagen von Dr. Kluge dazu sind Dir bekannt? In Kurzfassung:
    In der Hofer Region keine nennenswerte Wasserkraft, daher Industrialisierung erst mit der Fertigstellung der ersten Eisenbahn ab 1851 und der damit geschaffenen Möglichkeit, Steinkohle aus dem Zwickauer Revier (und später auch Braunkohle aus Böhmen) frachtgünstig zu beziehen, um damit die Dampfmaschinen einsetzen zu können. Erste Dampfmaschinen in der Hofer Textilindustrie 1851, erste Dampfmaschinen in der Münchberger Textilindustrie, soweit mir bekannt, erst um 1880.
    (siehe dazu: Kluge, Arnd (Hrsg.) Kleine Geschichte der Hofer Region, (= 60. Bericht des Nordostoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde), Hof 2010. S. 239 f., S. 240).


    Anscheinend rentierte sich die Umstellung auf Dampf erst mit einem Eisenbahnanschluss, der die Anlieferung billiger Kohle ermöglichte. (Dazu: Wagenbreth, Otfried / Düntzsch, Helmut / Gieseler, Albert: Die Geschichte der Dampfmaschine - historische Entwicklung, Industriegeschichte, technische Denkmale, Münster 2002, S. 240 f. ).


    Leider gibt der soeben vom Langnamenverein veröffentliche „Physikatsbericht“ für Münchberg aus dem Jahre 1861 zu dieser Thematik überhaupt nichts her, da sich der Münchberger Landgerichtsarzt nur äußerst knapp geäußert hat (Eisgrub, Alexander (Hrsg.): Die Physikatsberichte für Hof, Münchberg und Rehau aus dem Jahr 1861 (=67. Bericht des Nordostoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde), Hof 2015, hier S. 104 – 118.



    Noch ein paar Literaturhinweise:
    Zur Untermauerung mit Zahlenmaterial evtl. brauchbar:
    Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Dampfkraft (= Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern, Heft 73), München 1909.


    Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Frage des Eisenbahnbaus und seine Bedeutung für die Entwicklung der Textilindustrie. Siehe dazu:
    Wurzbacher, Martina: Der Eisenbahnbau und seine Folgen für die oberfränkische Textilindusrie im 19. Jahrhundert - dargestellt am Beispiel ausgewählter Firmenmonographien des Raumes Hof. In: 41. Bericht des Nordostoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde (Miscellanea curiensia - Beiträge zur Geschichte und Kultur Nordoberfrankens und angrenzender Regionen, Bd.II), S. 23 - 78. Hier wird auf Münchberg, Stammbach, Naila, Helmbrechts und Schwarzenbach am Wald eingegangen.
    Bührle, Arnulf: Eisenbahn und Industrialisierung: ein Beitrag zur textilindustriellen Entwicklung Oberfrankens im 19. Jahrhundert. In: Münchberger Textil-Blätter 9 (1986), S. 83 – 98.


    Mit dem Thema Dampfmaschineneinsatz in der Porzellanindustrie hat sich befasst:
    Zimmermann, Edith: Mit Volldampf zum Porzellan. (= Schriften und Kataloge des deutschen Porzellanmuseums, Band 52), Hohenberg a. d. Eger 1998.


    Grüße
    Jörg

    Fränkische Wahrheit: Zwei Besatzungsmächte haben wir gehabt - die Amerikaner und die Bayern. Die Amerikaner sind wir los.

  • Lieber Jörg,


    Vielen herzlichen Dank für deine ausführlichen Literaturhinweise! Es ist in der Tat recht spannend, allen voran die frühe Industrialisierung zu untersuchen, in der bspw. die Dampfmaschine überhaupt keine Rolle spielte. Vielmehr vollzog sich - so jedenfalls meine derzeitige These - vor allem unter den Reformen Hardenbergs ein starkes Wachstum des Manufakturwesens, das das bis dato weithin verbreitete Verlagswesen schrittweise ablöste. In Münchberg lässt sich schließlich 1812 die erste "Fabrik" (im Sinne einer Manufaktur) nachweisen. Mechanische Weberein mit Dampfbetrieb kamen tatsächlich gut 70 Jahre später auf. Dabei muss man sich jedoch auch mit der Überlegung beschäftigen, warum die eigentliche "Mechanisierung" erst derart spät einsetzte (nämlich tatsächlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts).


    Mögliche Ansätze gehen dabei von einer gewissen Spezialisierung der Arbeiter, die demnach noch nicht von Maschinen abgelöst werden konnten bis hin zu niedrigeren Kosten. Alles en detail auszuführen, würde nun den Rahmen sprechen, doch kann ich den Artikel, sobald er fertig ist, sehr gerne auf meiner Homepage zum Download zur Verfügung stellen!


    Liebe Grüße und nochmals herzlichen Dank für deine Hilfe,


    Adrian

  • Die alte These, dass die Dampfmaschine eine wesentliche Voraussetzung der Industrialisierung war, ist nur teilweise richtig. In der Schwerindustrie stimmt sie uneingeschränkt. In der Textilindustrie in Sachsen stimmt sie nicht (Wasserkraft), in der Hofer Region stimmt sie. In der Porzellanindustrie ist sie durchweg falsch, hier war Dampfkraft zwar eine Unterstützung bei der Expansion der Fabriken, aber keine Voraussetzung zum Betrieb; bis 1914 gab es Porzellanfabriken, die mit Holz gebrannt haben. Dass man in der Hofer Region erst so spät Dampfkraft eingeführt hat, ist eindeutig auf die Eisenbahnen zurückzuführen, da eine Dampfmaschinen mit Holz nicht rentabel zu betreiben war, man also Kohle aus Zwickau bzw. Böhmen benötigte. Warum man vorher keine Wasserkraft genutzt hat (Ausnahme: Röthenbach-Elisenfels), erklärt sich zum einen durch die fehlende Wasserkraft (im Erzgebirge ist einfach mehr vorhanden), dann auch dadurch, dass alle relevanten Plätze an den Flüssen bereits durch Mühlen vergeben waren. Aber: Warum hat man diese nicht aufgekauft? Ich kann mir das nur dadurch erklären, dass man die Löhne mangels Konkurrenz anderer Gewerbe so weit drücken konnte, dass man immer noch rentabel Textilien produzieren konnte. Beleg: Sobald es zur Industrialisierung kam, hatten die Textilkaufleute genug Geld, um große Fabriken zu gründen. Sie hatten es vorher mit den von ihnen verlegten Textilern verdient. Man wich auch auf Gewebe aus, die von Maschinen damals noch schwer herzustellen waren. Dadurch konnte die Handweberei sogar noch bis in die 1870er Jahre wachsen! Deutschland als Billiglohnland, nicht als HighTech-Standort, eine erfrischende Perspektive, die bis zur Gegenwart so manches erklärt am deutschen "Wirtschaftswunder".

  • Zumindest auf ein Beispiel für die Nutzung der Wasserkraft in der Hofer Region in der aufkommenden Textilindustrie muss ergänzend hingewiesen werden. Es stützt auch Adrians These, dass in der frühen Industrialisierung die Dampfmaschine keine Rolle spielte.


    Die "Maschine" im heutigen Ortsteil Waldlust von Konradsreuth war Oberfrankens erste Maschinenspinnerei. Sie wurde (nach Georg Krauß, Die Oberfränkische Geschichte, Hof 1981, S. 132) 1825 in Betrieb genommen. Allerdings scheint sie schon vorher als mit Wasserkraft betriebenes "Spinnhaus" existiert zu haben. Das zum Antrieb der Maschine benötigte Wasser wurde über einen Graben aus dem Untreubach abgeleitet, der damals (vor dem Bau der Hofer Wasserleitung aus dem Quellgebiet des Untreubaches 1889/90) erheblich mehr Wasser führte. Die Ableitung hin zum „Spinnhaus“ erfolgte in einer solchen Menge, dass es 1814 zu einer Beschwerde der Mühlenbesitzer von Konradsreuth, Martinsreuth und Eppenreuth beim königlichen Landgericht Hof kam.

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