Paul Zahlaus - Elegie auf einen vergessenen Heimatforscher

  • Liebe Forumsmitglieder, liebe Gäste,


    Die Heimatforschung kennt heute viele große Namen, wie etwa Karl Dietel oder Ludwig Zapf, doch gab und gibt es auch heute noch Menschen, die sich abseits des "großen Rummels" für die Lokalgeschichte einsetzen und zu ihrer Pflege beitragen, ohne je den dafür verdienten Respekt genießen zu dürfen. Andere wiederum zählten zwar einst zu eben jenen "Großen", doch sind sie mittlerweile schlichtweg in Vergessenheit geraten, da ihre Werke zum Beispiel nur in einer recht kleinen Auflage publiziert worden sind. Zu den letztgenannten gehört auch Lehrer Paul Zahlaus aus Walpenreuth bei Zell. Nur noch selten liest man den Namen dieses Herren, der sich vor allem in den 1920er bis 1930er Jahren für den Schutz der fränkischen Tradition eingesetzt hat.


    Paul Zahlaus nahm vermutlich Anfang der 1920er Jahre im oberfränkischen Dörfchen Walpenreuth eine Stelle an, um hier als Lehrer den Kindern wenigstens die notwendigste Bildung zuteil werden zu lassen, doch war es für ihn nicht nur Beruf, sondern auch Berufung eben das zu leben, was er selbst unterrichtete. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass er bereits 1926 einen ersten Artikel publizierte, dem viele weitere folgen sollten. Sein Schwerpunkt lag dabei immer auf der Brauchtumsforschung und den Mitschriften von Gesprächen mit den "Dorfältesten", die manche interessante Begebenheit noch selbst miterlebt hatten, doch befasste er sich auch mit der Jagdgeschichte und schrieb eine bislang unveröffentliche Chronik von Walpenreuth. Nach seinem Umzug nach Nürnberg in den 1930er Jahren wurde es langsam ruhiger um ihn und es erschienen beinahe keine Artikel mehr in den lokalen Zeitschriften und Zeitungen, doch wirkte er auch weiterhin aktiv an der Geschichtspflege mit, gab unter anderem Interviews beim Bayerischen Rundfunk und blieb im Herzen immer seiner oberfränkischen Heimat verbunden.


    Nach seinem Tode drohte seine Arbeit der Vergessenheit anheim zu fallen, doch hat glücklicherweise sein Sohn die Bedeutung der väterlichen Werke erkannt und die Manuskripte dem Bauernhofmuseum in Kleinlosnitz vermacht, wo sie noch heute aufbewahrt werden. Ich bin mittlerweile im Besitz der kompletten Sammlung in Kopie und daher in der Lage, hier eine kurze Inhaltsangabe beizufügen:


    "Heimat und Volkstum":


    -Bären, Wölfe und Luchse und Luchse im Fichtelgebirge
    -Sitte und Brauch an Fastnacht im fränkischen Oberland
    -"Einschmeissen"-ein uralter Volksbrauch im fränkischen Oberland
    -Zwei "Himmelsbriefe"
    -Volksglaube, Sitte und Brauch im Menschenleben im Waldsteingebiet
    -Der Andreastag im Volksglauben des Waldsteingebietes
    -Die Zwölf Nächte im Volksglauben des Waldsteinlandes
    -Walpurgistag und Hexenglaube im fränkischen Oberland
    -Volkstümliches Brauchtum um die Osterzeit im Fichtelgebirge
    -Das "Büssen oder Brauchen", alter Heilglaube aus dem Fichtelgebirge
    -Ein "Segens- und Schutzbrief"
    -"Auszählverschla" der Jugend von Walpenreuth


    "Fränkische Monatshefte":


    -"Ein Himmelsbrief"
    -Sitte und Brauch am Johannistag im Fichtelgebirge
    -Der Flachs in volksglaube, Sitte und Brauch des Fichtelgebirges


    "Volk und Heimat":


    -Hans Raithel, der Rosegger des Fichtelgebirges


    Frankenbund:


    -Volksglaube, Sitte und Brauch am Christabend im Waldsteingebiet
    -Volkskundliches zum Lichtmesstag


    "Heimat- und Volkskunde":


    -Der Thomastag in Volskglaube, Sitte und Brauch des Waldsteingebietes
    -Der große Brand in Walpenreuth 1887
    -Der "Kirchweihfriede" im alten Franken
    -Ein Übergabevertrag vor 110 Jahren


    Nebenbei sammelte er auch historische Dokumente und diente als Anlaufstelle für Fragen zur lokalen Geschichte. Ich hoffe sehr, dass ich durch diesen kurzen Beitrag Paul Zahlaus jedenfalls teilweise die Ehre zukommen lassen kann, die ihm ohne Zweifel gebührt und dadurch auch seine Arbeit (wieder) dementsprechend gewürdigt wird.


    Adrian Roßner

  • Ich finde es faszinierend, dass solche Persönlichkeiten auch noch heute noch nicht so bekannt sind, aber ich denke dank Foren wie dieses hier, kann man da gut dagegen wirken und vielleicht doch beeinflussen, dass diese Werke bekannter werden. Ich finde Brauchtum ist einfach ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und das sollte wirklich nicht in Vergessenheit geraten. Das ist doch schade! Was ich aber bemerke ist, dass ein einfacher Umzug in eine andere Gegend immer auch sehr prägend für einen Menschen ist und dass vermutlich Bräuche auch dadurch verschwinden oder anders werden weil die Menschen heutzutage mehr reisen.

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