Im ehemaligen Wirtschaftshof des Rittergutes Schlottenhof befindet sich der
"Brunnenwastl". Die Jahreszahl 1751 am Sockel der kunstvoll aus Granit gefertigten
Figur zeigt, dass es Georg Sigmund v. Benckendorff (+ 1786) war, der die schöne
Brunnenanlage mit dieser originellen Bekrönung errichten ließ. Nach der technischen
Ausführung und künstlerischen Qualität könnte man die 85 Zentimeter hohe Figur für
ein Werk aus der Bayreuther Bildhauerwerkstatt Räntz halten. Lassen wir hier den
bekannten Arzberger Lokalhistoriker Dr. Friedrich Wilhelm Singer zu Wort kommen,
der den Brunnenwastl 1973 ausführlich beschrieben hat:
"Überraschenderweise hat der feudale Auftraggeber nicht dem Geschmack des
Rokoko entsprechend eine antike Gestalt, etwa einen Neptun oder eine Nymphe, auf
den Brunnen setzen lassen, sondern einen gewöhnlichen Bauern oder Knecht. Es ist
nämlich ein einfacher Mann aus dem Volk, der hier steht, ein kleiner Gütler, Trüpfhäusler
oder Schafknecht, wie sie zu Dutzenden auf dem Rittergut Frondiest zu
leisten verpflichtet waren. Der »Brunnenwastl« ist das Urbild eines Schlottenhofers
um die Mitte des 18. Jahrhunderts und damit der in Stein gehauene Urtyp des
Menschen dieser Gegend überhaupt. Der seltene Fall, wo der Herr dem Knecht ein
Denkmal setzte, kommt nicht überall und alle Tage vor.
Der Bildhauer hat den Mann in einer merkwürdigen Haltung dargestellt: Er grüßt
seinen Herrn, wie dieser aus dem Schloßhof reitet. Dabei macht die nicht gerade
wohlproportionierte, bärtige Zwerggestalt mit dem verhältnismäßig großen Kopf und
scharfer Adlernase eine etwas plumpe Verbeugung, greift mit der rechten Hand an
den Hut, derweil die linke eine dreizinkige Mistgabel umfaßt. Wie mögen sich die
feinen Herren und Damen beim Kommen und Gehen über diesen steingewordenen
Untertanen amüsiert haben, der nicht müde wurde, die Hand zum Hut zu führen!
Insoferne ist der »Wastl« auch ein typisches Denkmal aus dem Zeitalter des
Absolutismus und der Feudalherrschaft.
Außer dieser unterwürfig-drohenden Haltung ist an dem Männlein dann seine
Kleidung am auffälligsten. Sie stellt die dritte Besonderheit dar. Der »Wastl« zeigt
sich in der Schlottenhofer Tracht vor über zweihundert Jahren. So wie er waren die
einfachen Männer und Burschen aus dem Dorf und der Umgebung gekleidet. Es gibt
weit und breit keinen anderen derart in Stein gemeißelten Beleg der originellen
Volkstracht, noch dazu mit so eindeutiger zeitlicher Festlegung."
Wie Sie sehen können, ist es mit dem Brunnenwasl nicht zum Besten bestellt. Dies
war schon zu Dr. Singers Zeiten nicht anders. Er schreibt:
"Der Schlottenhofer »Wastl« befindet sich leider nicht mehr in bester Verfassung.
Durch das jahrhundertelange, auch im Winter ungeschützte Stehen im Freien ist er
vom Verfall bedroht. Nässe, Frost und Bubenspiel haben ihm schon manchen
Schaden zugefügt. Zudem entbehrt er seiner ursprünglichen rückwärtigen
Verankerung. Als ein Kuriosum ist es zu bezeichnen, daß das Denkmal von
einzigartiger volkskundlicher Bedeutung zwei private Besitzer hat, die sich in je eine
Hälfte der Figur und des Brunnens teilen.
So war es nicht möglich, einer 1960 vorgebrachten Anregung des Verfassers zu
folgen, nämlich die Originalskulptur durch eine werkstoffgetreue Nachbildung zu
ersetzen, den alten »Wastl« aber an geschütztem Ort bei seinem Herrn in der
Benckendorffsehen Gruftkapelle unterzubringen. Die Mittel hierfür hätte
Bürgermeister Hans Weidmann schon beisammen gehabt."
Leider hat sich seit 1973, als Singer diese Zeilen schrieb, in Sachen
Brunnenwastl nicht viel getan.
Der Brunnenwastl in Schlottenhof - eine vom Untergang bedrohte volkskundliche Kostbarkeit
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