Grenzen, ihre Auswirkungen und ihre Überwindung


  • das Jubiläumsjahr zum 125jährigen Bestehen unseres Vereins neigt sich langsam dem Ende zu. Am Samstag, den 8. Oktober 2016 konnten wir als zweiten Höhepunkt neben dem Jubiläumsfest im Juni die deutsch-tschechische Tagung „Grenzen, ihre Auswirkungen und ihre Überwindung“ ausrichten. Alle Teilnehmer und Referenten waren sich am Ende der Tagung darüber einig, dass die Veranstaltung sehr hochkarätig war und viele interessante Aspekte der deutsch-deutschen sowie deutsch-tschechischen Geschichte und Gegenwart aufgegriffen wurden. Der Nordoberfränkische Verein als Veranstalter kann mit dieser Tagung also mehr als zufrieden sein – auch wenn die Veranstaltung eine größere Resonanz hinsichtlich der Besucherzahl verdient hätte. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist geplant.

  • Tagung „Grenzen, ihre
    Auswirkungen und ihre Überwindung“



    Im Jahr 2016 wird der Nordoberfränkische Verein für Natur-,
    Geschichts- und Landeskunde e. V. in Hof 125 Jahre alt. Aus diesem Anlass fand
    am 8. Oktober 2016 eine wissenschaftliche Tagung statt, die sich dem Thema
    „Grenzen, ihre Auswirkungen und ihre Überwindung“ widmete. Referenten aus
    Oberfranken, Sachsen und Tschechien behandelten in ihren Beiträgen verschiedene
    Aspekte des Themas. Wolfgang Pätz aus Weischlitz im ehemaligen DDR-Sperrgebiet
    erzählte, wie die deutsch-deutsche Grenze aus der Sicht der Menschen in Plauen
    und Umgebung wahrgenommen wurde. Wie gravierend die Auswirkungen der Grenze auf
    die familiären Verbindungen nach Oberfranken waren, wurde durch seine bewegende
    Schilderung des Wiedersehens mit seiner Tante, die in Oberfranken lebte, nach
    jahrzehntelanger Trennung deutlich.



    Anschließend referierte Dr. Arnd Kluge aus Hof über die
    deutsch-deutsche Grenze aus Sicht der Hofer Region. Er ging auf die wirtschaftliche
    Entwicklung des Hofer Landes seit 1945 ein, auf politische Bemühungen zur
    Durchlöcherung der Grenze und auf die Mentalität im oberfränkischen Grenzraum.
    Ein Fazit seiner Ausführungen lautete, dass die negative Wahrnehmung der
    DDR-Grenze aus oberfränkischer Sicht, welche die Grenzregion zu etwas gefühlt
    Benachteiligtem und Abgelegenem machte, in letzter Konsequenz nur eine
    Fortführung eines Gefühls war, das bereits vor 1945 bestanden hatte.



    Edith Kalbskopf aus Marktredwitz, die sich in ihrem Beitrag
    mit der deutsch-tschechischen Grenze aus oberfränkischer Sicht befasste,
    pflichtete ihrem Vorredner bei, dass bereits vor 1945 von Ostoberfranken als
    „Grenzland“ gesprochen wurde. Damals natürlich in Hinblick auf die Grenze zur
    Tschechoslowakei. Während bis 1939 (vor dem Anschluss des Sudetenlandes) die
    Grenzübertritte noch ohne größere Probleme möglich waren, änderte sich dies
    nach 1945. Kalbskopf schilderte die Grenzanlagen an der deutsch-tschechischen
    Grenze und verwies darauf, dass auch hier Menschen zu Tode kamen – fatalerweise
    machten Angehörige der tschechoslowakischen Grenztruppen den größten Anteil
    daran aus. Sie beendete den ersten Themenblock zur Wahrnehmung der Grenze mit
    Ausführungen zur Aufnahme und Integration von Heimatvertriebenen, vor allem von
    solchen aus dem Sudeten- und den Egerland. Damit leitete sie zum nächsten
    Beitragsblock über, welcher der Flucht und Vertreibung der Deutschen gewidmet
    war.



    PhDr. Karel ?eha?ek aus Pilsen präsentierte seine
    Forschungsergebnisse zum Schicksal des beweglichen und unbeweglichen Vermögens
    der deutschen Bevölkerung im Karlsbader Bezirk nach 1945. Seine Studie
    behandelte die Problematik der Konfiskation des sogenannten „feindlichen
    Vermögens“ in den westlichen Grenzgebieten der Tschechoslowakei. Er beschrieb
    Zuteilungs-, Eingliederungs- und Liquidationsprozesse und stellte die
    Hauptinstitutionen dieser Vorgänge vor.



    Daran schloss Jan Edl aus Tachau an. In seinem Beitrag „Deutsche
    im Tachauer Bezirk in den Jahren 1945-1946. Von der Konfiskation bis zur
    Vertreibung“ schilderte er das amtliche Vorgehen im Umgang mit der deutschen
    Bevölkerung. Zunächst wurde bereits 1945 das gesamte Eigentum der Deutschen,
    das als „feindliches Vermögen“ deklariert wurde, vom tschechoslowakischen Staat
    beschlagnahmt. Anschließend wurden Vorbereitungen für die Vertreibung der
    Sudetendeutschen getroffen, die ab dem Jahr 1946 realisiert wurde. Edl ging
    auch auf Ablauf und Durchführung der Vertreibungen und Vertriebenentransporte
    ein.



    Am Ende dieses Vortragsblocks sprach Sandra Kastner aus Hof über
    „(Un)Freiwillige Grenzgänger. Flüchtlinge und Vertriebene“. Die Hofer Region
    als „Durchgangsregion“ für verschiedene Gruppen von Menschen stand hierbei im
    Mittelpunkt der Ausführungen. Unter anderem kamen neben den deutschen Heimatvertriebenen
    Evakuierte, Kriegsheimkehrer, ausländische Flüchtlinge und jüdische Displaced
    Persons zur Sprache.



    Prof. em. Dr. Jörg Maier aus Bayreuth beschäftigte sich mit der
    wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Oberfrankens seit der Grenzöffnung 1989/90.
    Nach einem kurzen Aufschwung direkt nach der Grenzöffnung kämpfte die
    oberfränkische Wirtschaft dann mit veränderten politischen Rahmenbedingungen.
    Aus der Grenzlage war eine zentrale Lage mit offenen Grenzen geworden. Ein
    Abbau an Unternehmen und ein Rückgang der Bevölkerung in Ostoberfranken sind
    seitdem festzustellen. Dennoch stimmte Maier nicht in den weitverbreiteten
    Abgesang auf die Region ein. Trotz aller vorhandenen Schwierigkeiten und
    Herausforderungen verwies er auf Möglichkeiten zum langfristigen
    wirtschaftlichen wie sozialen Umschwung. Eine Chance könnte in der
    grenzüberschreitenden Bewältigung der Probleme liegen, wie er anhand des
    Zentrale-Orte-Systems der Bayerischen Staatsregierung verdeutlichte.



    Im letzten Beitragsblock zu grenzüberschreitenden Projekten als
    Initiativen, um Nordoberfranken, Sachsen und Tschechien wieder näher
    zusammenzuführen, referierte Tereza Vávrová aus Prag über Erinnerungsorte und
    die grenzüberschreitende Erinnerungskultur. Vávrová ist Direktorin der
    Initiative „Antikomplex“, welche sich in Tschechien dafür engagiert, ein
    Umdenken in der tschechischen Gesellschaft hinsichtlich des Umgangs mit der
    deutschen Geschichte in den Grenzgebieten zu bewirken. Sie stellte Projekte von
    Antikomplex vor und zeigte verschiedene Herangehensweisen auf. Sie
    verdeutlichte, dass im ehemaligen Sudetenland viele Erinnerungsorte zu finden seien.
    Dort versteckten sich viele Geschichten, die sich in die Landschaft
    eingeschrieben hätten. Bei Exkursionen würden solche Geschichten entdeckt, die
    grenzüberschreitende Bedeutung hätten, weil ihre Geschichte nicht nur
    Tschechen, sondern auch Deutsche beträfe. Dadurch entstünden neue
    grenzüberschreitende Erinnerungskulturen, deren Charakter die Mitstreiter von
    Antikomplex sowie die Teilnehmer der Projekte verstehen und für den
    deutsch-tschechischen Dialog nutzen möchten.



    Milan Zukal aus Karlsbad stellte im Themenfeld „Die Grenze als
    Tourismusprojekt“ grenzüberschreitende Radfahrwegeprojekte vor. Schon seit mehr
    als 25 Jahren entwickelt der Bezirk Karlsbad, aber auch die einzelnen Städte,
    Gemeinden, Kleinregionen und Verbände im Karlsbader Bezirk, eine erfolgreiche
    Zusammenarbeit mit den deutschen Partnern. Beispiele dafür sind eine ganze
    Reihe von abgeschlossenen Radwegeprojekten, wie die Internationale Route
    Euregio Egrensis, die Wallenstein-Brücken, der Karls-Radweg, der Radweg entlang
    Halstrov sowie die markierten internationalen Radtouren EURO VELO 13 und der
    EURO VELO 4. Ein weiterer grenzüberschreitender Radweg ist entlang des Flusses
    Eger unter der Bezeichnung „Erlebnis in der Natur – Radweg Eger“ geplant.



    Michal Pospíšil aus Eger behandelte in seinem Beitrag zur Grenze
    als Tourismusprojekt die „Grenzenlosen Gartenschauen“, die Eger seit 2006 geplant
    und durchgeführt hat. Beginnend im Jahr 2006, als in Zusammenarbeit mit
    Marktredwitz die erste „Grenzenlose Gartenschau“ in beiden Städten erfolgreich
    umgesetzt wurde, war im Jahr 2013 das nahe liegenden Tirschenreuth in der
    Oberpfalz Partner bei der zweiten „Grenzenlosen Gartenschau“. Anhand mehrerer
    Vorher-Nachher-Bilder veranschaulichte Pospíšil die positiven Auswirkungen,
    welche die Projekte auf das Stadtbild von Eger, insbesondere den Bereich am
    gleichnamigen Fluss, hatte. An sich war bereits für 2016 die nächste
    „Grenzenlose Gartenschau“ in Kooperation mit Bayreuth geplant; leider kam diese
    aufgrund fehlender Finanzierung in Eger nicht zustande.





    Etwa 70 Teilnehmer und interessierte Zuhörer fanden den Weg
    in die Sparkasse Hochfranken am Sonnenplatz in Hof und folgten den Beiträgen,
    die simultan übersetzt wurden. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist geplant.

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