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Habe heute einen sehr interessanten Beitrag über die Geschichte von Regnitzlosau gefunden, der auch die erste Besiedelung des Regnitzlandes beinhaltet.
Ein altes Problem der Heimatgeschichtsschreibung: Es muss doch auch bei uns irgendetwas passiert sein, bevor die erste Urkunden oder wirklich brauchbaren archäologischen Funde nachweisbar sind!
Aus diesen Bestreben entstehen dann immer diese Chroniken, die aus kleinsten Einzelfunden sofort die Geschichte von Jahrhunderten entwickeln wollen und die aus Vermutungen und Wunschdenken angebliche geschichtliche Tatsachen entstehen lassen.
Es fehlt zu häufig die saubere Trennung zwischen Vermutung und tatsächlich gesicherter und belegbarer Erkenntnis.
Auch diese Ortschronik von Regnitzlosau ist hinsichtlich ihrer Beschreibung der Vor- und Frühgeschichte in diesen Fehler verfallen. Der Verfasser schreibt:
„ ….steht fest, dass die keltischen Bojer in dieser Zeit auch bei uns siedelten. Es ist anzunehmen, dass sie hier über einige Jahrhunderte die Bodenschätze
Kupfer, Zinn und Roteisenerz abbauten, und schmolzen, die dann ihre Stammesangehörigen in den größeren Höhensiedlungen Houbirg bei Hersbruck, Ehrenbürg bei Forchheim und Staffelstein bei Lichtenfels, weiter verarbeiteten. Weiter ist anzunehmen, dass sich jeweils an der Südseite der Anhöhen in Osseck, (Regnitz-) Losau und Vierschau eine Siedlung und an der Regnitz, bei der Klötzlamühle, eine Gesteinswäsche befand.“
Leider gibt der Autor keinerlei Quellen für seine sehr fantasievollen Theorien an. Wir haben lediglich den belegten Fund bei Osseck mit einer kleinen Ansiedlung und einer Begräbnisstätte. Sonst nichts!
Mir drängen sich daher eine Reihe von Fragen auf, die ich aus meiner Kenntnis der Literatur zur Vorgeschichte der Rehau – Regnitzlosauer Gegend nicht beantworten kann.
1. Aus welchen Erkenntnissen leitet er den Erzabbau und den Betrieb von Schmelzöfen ab?
2. Wie kommt er darauf, dass dieses Erz über hunderte von Kilometer nach Westen und Südwesten transportiert wurde, um gerade dort weiterverarbeitet zu werden?
3. Woher weiß er, dass es dort „Stammesangehörige“ der Ossecker Siedler gab, die diese Weiterverarbeitung übernahmen?
4. Auf welchen Funden basiert seine Behauptung der Siedlungen bei Losau und Vierschau?
Zu 1. Es gibt nach meinem Wissen keine Funde in der besagten Gegend, die auf Erzabbau in der Eisenzeit oder auf Erzverarbeitung in dieser Zeit hindeuten. Es mag im Mittelalter die eine oder andere Abbaustätte gegeben haben, hier jedoch rückzuschließen, dass dies bereits 1500 Jahre vorher der Fall war, ist mehr als gewagt.
Zu 2. Sicher gab es in der Bronze- und Eisenzeit bereits weitläufige Handelswege. Genauso sicher ist aber auch, dass aufgrund der mehr als beschränkten Transportkapazität
(Tragtiere und Karren) kaum Rohstoffe, wie das angeblich bei Regnitzlosau abgebaute Erz über weitere Strecken transportiert werden konnten. Allenfalls Zuschlagstoffe, wie Zinn wurden von weiter her bezogen – allerdings stellt sich jetzt wieder die Frage: Gab es überhaupt Zinngruben bei Regnitzlosau?
Transportiert wurden meistens Fertigprodukte oder Luxusgüter.
Zu 3. Hier wird der Begriff „Stamm“ sehr weitgefasst verwendet. Nur weil am Staffelstein auch Kelten siedelten, haben diese noch lange nicht mit den (möglichen) Kelten im Regnitzland einen Stamm im engeren Sinne gebildet. Sie gehörten allenfalls dem gleichen Volk der Bojer an. Auch hier gibt es bisher keine Belege, zu welcher Gruppierung die kleine Ansiedlung bei Osseck wirklich zuzurechnen ist.
Zu 4. Auch hier sind mir keine Quellen bekannt, welche die Annahme des Verfasser stützen könnten.
Ebenfalls sind seine Ausführungen zu einer „sorbischen“ Besiedlung bar jeder Quellengrundlage, er beruft sich nur auf die Namensforschung. Hier ist festzuhalten:
Wir können von einer slawischen Besiedlung im Regnitzland in noch nicht geklärtem Umfang ausgehen. Es gibt jedoch im Raum Regnitzlosau- wie übrigens im ganzen Großraum Hof - keinen einzigen Fund, der eine slawische (sorbische) Besiedlung stützt, daher sind alle Beschreibungen irgendwelcher Begräbnisriten pure Annahmen.
Die Ausführungen des Autors der Chronik dazu:
“Auf der Raitschin (bedeutet soviel wie Burg oder Befestigung) befand sich möglicherweise, im Schutze des Waldes, ein befestigter Sitz des Zupans oder des Stammesführers, auf dem sogenannte Unfreie beschäftigt wurden und der den umliegenden Siedlern bei drohenden Überfällen eine Zufluchtsmöglichkeit bot.
Auf dem Platz unserer Kirche, ein Hinweis darauf ist das „Heidentempel“ genannte Rondell im Park des späteren Schlosses, hatten die Sorben ihre Kultstätte wo sie sich zu Götteranbetungen und Feiertagen versammelten. Hier verbrannten sie auch ihre Toten auf einem Scheiterhaufen aus einer bestimmten Holzart.
Üblich war bei ihnen die Verwandtenehe und bei Überbevölkerung das Töten der neugeborenen Mädchen.
Der große Dorfteich wurde durch Eindämmung angelegt. Möglicherweise bekam schon jedes Anwesen aus einem oberhalb gelegenen Brunnen durch eine Holzröhrenleitung fließendes Wasser.“
mögen für gut erforsche slawische Siedlungen andernorts zutreffen, im Falle Regnitzlosau sind sie nach dem augenblicklichen Forschungsstand pures Wunschdenken.
Der Autor macht wieder den Fehler, mögliche Indizien sofort als Tatsachen zu verwerten: Er hat vom „Heidentempel“ im Schlosspark gehört oder in irgendwelchen Schriften gelesen, sofort ist das für ihn der Beweis einer Kultstätte.
Man sollte daher sehr vorsichtig sein, bevor man solche durchaus mit viel Fleiß zusammengetragenen Chroniken tatsächlich als Sekundärquelle heranzieht.
Ein paar Literaturhinweise zur Vor- und Frühgeschichte Oberfrankens:
- Abels, Björn-Uwe: Zur Eisenzeit in Oberfranken. In: BHVB 120 (1984), S. 13-47.
- Abels, B. U. / Sage, W. / Züchner, Chr.: Oberfranken in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Bamberg 1986
- Eichler, Ernst: Probleme der Auswertung slawischer Orts- und Flurnamen in Nordostbayern, In: Archiv f. Geschichte von Oberfranken Band 65 (1985), S.
291-297,
- Losert, Hans: Die slawische Besiedlung Nordostbayerns aus archäologischer Sicht.
In: Vorträge 11.Niederbayerischer Archäologentag. Deggendorf 1993, S. 207 – 270
- Schwarz, Ernst: Sprache und Siedlung in Nordostbayern. (= Erlanger Beiträge z.Sprach- u. Kunstwissenschaft, IV), Nürnberg 1960.